Nach Einschätzung der UNESCO ist mehr als die Hälfte der weltweit über 6.000 Sprachen vom Aussterben bedroht. Im Laufe der letzten drei Generationen sind 200 Sprachen ausgestorben. Etwa 1.700 Sprachen sind derzeit ernsthaft gefährdet, über 600 Sprachen werden kaum noch gepflegt. Zur Gruppe der kaum gepflegten, massiv bedrohten Sprachen gehört Zazaki. Bekannt ist diese Sprache auch unter den Bezeichnungen Kirmanjki (Kırmancki) ooder Dımılki. Es handelt sich dabei um eine in Ost-Anatolien beheimatete Sprache, die der nordwestiranischen Gruppe des iranischen Sprachzweiges angehört. Derzeit wird die Sprache laut UNESCO von ca. zwei Millionen Menschen gesprochen. Ein erheblicher Teil von Ihnen lebt aber mittlerweile in Westeuropa. Vor allem in Deutschland und Schweden entwickelte sich in den letzten Jahren eine aktive Bewegung zur Erforschung und Pflege der Zaza-Sprache.
Sprachpolitik in der Türkei
Der Frankfurter Verein zu Förderung der Zaza- Sprache (Enstitüyê Zazaki e.V.) wurde 2004 von Zaza-Autoren, Sprachwissenschaftlern, Künstlern und "andere Menschen die in Sprachpflege tätig sind" gegründet, erzählt Mitbegründer Mesut Keskin, Doktorand an der Goethe-Universität Frankfurt (Vergleichende indogermanische Sprachwissenschaft). Der Verein biete Sprachkurse an und wolle ausschließlich in wissenschaftlicher und „kulturell-organisierter" Form die Sprachpflege intensiv betreiben, betont Keskin. "Wir wollen neutral bleiben und rein sprachwissenschaftlich agieren und nicht politisch werden. Wobei es natürlich davon anhängt, wie man 'politisch' definiert. Sobald man in der Türkei sagte 'Zazaki ist eine unabhängige Sprache' gerate man schon in die Politik, erklärt Keskin weiter und spricht damit die Assimilationspolitik an, die bis vor etwa zehn oder fünfzehn Jahren in der Türkei praktiziert wurde. Die repressive Sprachpolitik verbannte Kurdisch, Zaza und die Sprachen zahlreicher anderer Minderheiten in den privaten Gebrauch. Keskin und andere Sprachwissenschaftler betonen außerdem, dass das Zazaische aus sprachwissenschaftlicher Sicht kein kurdischer Dialekt ist, obwohl es in der Vergangenheit dahingehend vereinnahmt wurde.
Pflege und Anerkennung
Die Anerkennung als selbständige Sprache sowie Pflege und Dokumentation des Wortschatzes sind die wichtigsten Anliegen der "Zaza-Bewegung". Mittlerweile gibt es, vereinzelt in der Türkei, aber vor allem in Westeuropa, Zeitschriften, Publikationen sowie Radio- und TV-Sendungen in Zazaki. Bei uns wird im Freien Fernsehkanal Okto unter dem Namen SoBe einmal im Monat eine Sendung in Zazaki ausgestrahlt. Der Initiator der Sendung, Eren Kilic, hat schon seit zwölf Jahren bei Radio Orange eine Sendung, die er in Zazaki und Kurmanci gestaltet. Wichtiger Bestandteil beider Sendungen ist Musik, mit der sich auch die junge Generation identifizieren kann, betont Kilic. Ansonsten zeige er in SoBe "Inhalte, die einen normalen Fernsehzuschauer vielleicht langweilen würden". "Ich lasse oft einen interessanten alten Mann oder Frau einfach erzählen. Märchen oder etwas aus seinem oder ihrem Leben. Mir geht es vor allem darum die Sprache zu archivieren", erklärt Kilic sein Anliegen. (Olivera Stajić, daStandard.at, 16.6.2010)