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Der Opel-Betriebsrat hat nach der Entscheidung, alle Bürgschaftsanträge zurückzuziehen, ein "ungutes Gefühl". Für die Mitarbeiter des Konzerns könnte es bald heißen: bitte anschnallen.

Foto: APA/Rene Tillmann

 Opel zog am Mittwoch überraschend alle Anträge auf Staatshilfe in Europa im Volumen von 1,8 Milliarden Euro zurück. Der Mutterkonzern General Motors will die defizitäre Europa-Tochter nun aus eigenen Mitteln sanieren. Opel hatte auch in Österreich um eine Bürgschaft im Ausmaß von 300 Millionen Euro angesucht.

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Rüsselsheim/Wien - Nach monatelangem Tauziehen kündigte der US-Autokonzern General Motors (GM) am Mittwoch an, alle in Europa gestellten Bürgschaftsanträge im Volumen von 1,8 Mrd. Euro zurückzuziehen. GM wolle die Finanzierung seiner defizitären Europa-Tochter nun aus eigener Kraft stemmen.

"Neue zeitaufwändige, komplexe Verhandlungen und eine weiterhin ungesicherte Finanzierung können wir uns nicht erlauben" , begründete Opel-Chef Nick Reilly die GM-Entscheidung. Damit stößt GM die deutsche Politik abermals vor den Kopf. Die vier Bundesländer mit Opel-Standorten (Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Thüringen) hatten Opel nach dem Nein der Bundesregierung zu Bundeshilfen finanziellen Beistand in Aussicht gestellt und wollten darüber möglichst rasch entscheiden. Deutschlands Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) fühlt sich hingegen in seiner Entscheidung bestätigt: "General Motors hat die Mittel für eine Opel-Sanierung. Das war einer der wichtigsten Gründe, warum ich mich gegen staatliche Opel-Hilfen entschieden habe" , sagte Brüderle.

GM hat auch in Österreich einen Antrag auf Staatsgarantien im maximalen Ausmaß von 300 Mio. Euro gestellt.

Trotz des Verzichts auf Staatshilfe plane Opel keine weiteren Werkschließungen oder Kündigungen, sagte ein Opel-Sprecher. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner betonte in der Vorwoche, dass im Sanierungskonzept für Opel kein Aderlass, sondern sogar eine stärkere Rolle für Wien-Aspern vorgesehen sei. Für das Werk im belgischen Antwerpen sucht GM hingegen einen Investor. Insgesamt soll die Kapazität in Europa um 20 Prozent gesenkt werden. Zugleich sollen 8300 der 48.000 Stellen gestrichen werden - rund 4000 Jobs allein in Deutschland.

Wieder Gewinne

Den Finanzbedarf in Deutschland hatte der US-Konzern zuletzt von 1,1 Mrd. Euro auf 800 Mio. Euro reduziert. Die Hälfte davon sollten die vier deutschen Länder in Form von Bürgschaften aufbringen. General Motors hatte nach einer Rosskur mit Fabrikschließungen und Stellenkürzungen im ersten Quartal die Rückkehr in die Gewinne geschafft. Das gab jenen Auftrieb, die meinten, dass GM seine Tochter aus eigener Kraft sanieren solle. Die jüngste Entscheidung der deutschen Regierung sei eine "Enttäuschung" gewesen, betonte Opel-Chef Nick Reilly. Und er beklagte erneut eine Ungleichbehandlung von GM. "Man hatte uns deutlich gemacht, dass die Bürgschaften, die andere europäische Unternehmen im Rahmen eines EU-Programms zur Abmilderung der gegenwärtigen Wirtschaftskrise erhalten haben, genauso für Opel zur Verfügung stehen würden." Nun habe sich herausgestellt, dass dies nicht der Fall sei. (Reuters, dpa, cr, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17.6.2010)