Wien - Als ein "zutiefst fragwürdiges Angebot" kritisierte am Mittwoch die Frauensekretärin der Wiener SPÖ  Nicole Krotsch die Werbeaktion der Tageszeitung "Österreich". Im Zuge eines Gewinnspiels können Frauen an der Verlosung einer kosmetischen Operation teilnehmen.

Unter anderem wird im Inserat mit den Worten geworben: "Erfüllen Sie sich den Traum eines perfekten Körpers". Auch namhafte Ärztinnen und Vertreterinnen des Wiener Programms für Frauengesundheit wie Univ. Prof.in Dr.in Maria Deutinger, Fachärztin für Plastische-, Ästhetische- und Wiederherstellungschirurgie, die Frauengesundheitsbeauftragte der Stadt Wien, ao. Univ. Prof.in Beate Wimmer-Puchinger sowie Dr.in Elia Bragagna, Ärztin für Allgemeinmedizin und Psychosomatik, Leiterin der Akademie für Sexuelle Gesundheit (AfSG) unterstützen die Wiener SPÖ Frauen in ihrer Kritik und hinterfragen die Sinnhaftigkeit der Aktion.

"Falsche Vorbilder für junge Mädchen"

"Nicht nur birgt jede OP ein hohes gesundheitliches Risiko, damit wird vor allem jungen Mädchen eine unterstellte Notwendigkeit von Schönheits-OPs suggeriert. Wer bestimmt, was ein perfektes Gesicht ist, was Schönheit ist? Es wird leider immer noch vordergründig ein verzerrtes Frauenbild in der Öffentlichkeit, in den Medien abgebildet und transportiert. Das sind falsche Vorbilder für junge Mädchen. Die Wiener SPÖ-Frauen setzen sich für ein selbstbestimmtes Frauenbild ein. Wir wollen ein von Feminismus geprägtes ästhetisches Körperbewusstsein vermitteln, welches Frauen von klischeehaften Frauenrollen befreit. Solche Aktionen sind nicht nur kontraproduktiv, sondern auch strikt zu verurteilen", betonte Krotsch.

"Frauenkörper zur Ware degradiert"

"Die Verlosung von Schönheitsoperationen ist explizit abzulehnen. Operationen, die ausschließlich der 'Verschönerung' dienen, sind und bleiben nichts desto weniger operative Eingriffe, die mit Risiken einhergehen können. Durch diese Aktionen wird der Frauenkörper zur Ware degradiert und 'Schönheit' wird käuflich. 80 bis 90 Prozent der Frauen und Mädchen sind bereits mit ihrem Körper unzufrieden. Um Frauen und Mädchen in ihrem Selbstwert positiv zu unterstützen, müssen wir stattdessen die Vielfalt des Aussehens und nicht eine Normierung fördern. Solche Aktionen gehen in eine alarmierende Richtung", hielt Wimmer-Puchinger fest.

Risiken ausgeblendet

"Damit werden Wünsche geweckt, die vorher womöglich nie da waren. Zudem wird die Notwendigkeit der OP komplett ausgeblendet. Die Frage: 'Brauche ich diese OP wirklich?' stellt sich nicht. Eine Operation ist immer mit Risiken verbunden. Komplikationen, Wunden oder Narben können leider nicht ausgeschlossen werden. Auch den besten ÄrztInnen können Fehler unterlaufen. All diese Nachteile werden unter den Tisch gekehrt. Das ist unseriös und strikt abzulehnen. Es ist nicht vertretbar, dass sich dafür Medien hergeben", betonte Deutinger.

Gefühl der Unzulänglichkeit verstärkt

Bragagna erklärte abschließend, sie sei "fassungslos, wenn ich sehe, dass KollegInnen, die den ärztlichen Schwur geleistet haben, sich an einer so marktschreierischen Aktion beteiligen. Hier wird nicht danach gefragt, ob eine Indikation zu einer Operation besteht - sondern ein Wunschzettel zum Ankreuzen dient als Zutritt zu einem 'Traum'. Genau solche Aktionen tragen dazu bei, (junge) Frauen zu verunsichern, sie zu einem modellierbaren Objekt zu degradieren und ihnen das Gefühl der Unzulänglichkeit zu vermitteln. Wir treiben sie dadurch in Essstörungen oder Ablehnung des eigenen Körpers mit dem ständigen Gefühl 'anders aussehen zu müssen' um angenommen zu werden."

Fellner: Gewinnspiel auch für Männer

Bei "Österreich"-Herausgeber Wolfgang Fellner ist die Kritik abgeprallt. Er betonte, dass die Eingriffe nur dann durchgeführt würden, wenn diese risikofrei, sinnvoll und medizinisch empfehlenswert seien. Auch den Vorwurf der Frauenfeindlichkeit ließ er nicht gelten: "Das Gewinnspiel ist natürlich auch für Männer."

Zudem werde niemand der "Top-Ärzte" ein zu junges Mädchen operieren. Das alles stehe auch in seiner Zeitung. Es könne nicht verboten sein, für die Schönheits-OPs von Menschen zu bezahlen, wenn diese sie notwendig hätten: "Das haben weltweit schon mehr als 100 Tageszeitungen gemacht", versicherte Fellner. (red)