Wien - Der Nationalrat hat heute ein neues ORF-Gesetz beschlossen (siehe Berichterstattung auf derStandard.t/Etat). Der öffentlich-rechtliche Rundfunk bekommt über vier Jahre 160 Millionen, wenn er gewisse Spar- und Strukturmaßnahmen vollzieht. Eingeführt wird zur begleitenden Kontrolle eine neue, unabhängige Medienbehörde. Das ORF-Direktorium soll jedenfalls in der nächsten Funktionsperiode von sechs auf vier Köpfe verkleinert werden. Etabliert werden soll eine Frauenquote von 45 Prozent, die außer in den ORF-Gremien sowie in der Geschäftsführung überall Gültigkeit hat.

Kein Sitzenbleiben mehr in Abendschulen

Ferner auf der Tagesordnung der Donnerstag-Sitzung stehen einige Schulgesetze. Künftig wird es auch in den berufsbildenden höheren Schulen (BSH) eine teilzentrale Matura geben. Der Nationalrat hat am Donnerstag mit den Stimmen fast aller Parteien die entsprechende Änderung des Schulunterrichtsgesetzes angenommen. Nur die FPÖ stimmte dagegen.

Ab dem Haupttermine 2015 wird die teilzentrale Matura auch an den BHS sowie den Anstalten der Lehrer-und Erzieherbildung allgemein eingeführt. Die BHS folgen damit den AHS, für die die Bestimmungen bereits ab 2014 gelten. Die schriftliche Reifeprüfung wird dann am gleichen Tag abgehalten werden, in den Fächern Deutsch, Mathematik und lebende Fremdsprache wird es österreichweit einheitliche Aufgaben geben. Außerdem müssen dann auch alle BHS-Maturanten im Vorfeld eine "Diplomarbeit" schreiben.

Dringliche zur Koralmbahn

Das BZÖ brachte einen Dringlichen Antrag zur Koralmbahn ein, über den am Nachmittag diskutiert und abgestimmt wurde. Das Bündnis bekräftigt mit dem Antrag seine Forderung, dass die neue Bahnverbindung zwischen der Steiermark und Kärnten 2016 in Betrieb genommen und bis 2018 fertiggestellt wird.

Infrastrukturministerin Doris Bures hat die Kritik an vermeintlichen Verzögerungen beim Bau des Koralmtunnels zurückgewiesen. Die Ressortchefin konzedierte zwar, dass man sich alle Projekte noch einmal nach Einsparungen ansehe, es gebe aber keine einzige Baustelle, wo nicht gearbeitet werde: "Es ist kein Bagger abgezogen werden."

Koalitionäre Auseinandersetzung

Über die Vergabe des Tunnel-Hauptbauloses KAT2 der Koralmbahn kam es zu einer koalitionären Auseinandersetzung. Der steirische ÖVP-Abgeordnete Martin Bartenstein forderte - wie der gesamte steirische Landtag Anfang Juni - die Vergabe noch vor der Landtagswahl am 26. September. Verkehrsministerin Doris Bures bekräftigte umgehend ihre Ablehnung.

Es sei schon bei der Ausschreibung im Herbst 2009 festgelegt worden, dass sich die ÖBB sechs Monate Zeit für die Prüfung der bis April eingelangten Angebote nehmen werden.

Der steirische FPÖ-Abgeordnete Gerhard Kurzmann ist überzeugt, dass bis nach der Wahl, also Mitte Oktober, gewartet wird. Denn dann müsse Bures keine Rücksicht mehr nehmen auf Voves - und "dann wird der Koralmtunnel zu Grabe getragen". BZÖ-Abgeordnete Stefan Petzner versuchte, dies mit einer Drohung zu verhindern: "Wenn Sie diesen Vertrag nicht einhalten, werden Gerald Grosz in der Steiermark und ich in Kärnten so einen Druck machen, dass diese Länder eine Schadenersatzklage gegen den Bund einreichen."

Seitens der Grünen forderte Werner Kogler, endlich einen Gesamtverkehrsplan auszuarbeiten. Denn es mache wenig Sinn, eine Bahnverbindung auszubauen, wenn gleichzeitig Milliarden in parallele Autobahnprojekte gesteckt werden und der Lkw-Transit nicht unterbunden wird.

Getrennte Anträge von SPÖ und ÖVP

Die Streitereien zwischen ÖVP und SPÖ über die Vergabe des Tunnel-Hauptbauloses KAT2 der Koralmbahn gipfelten schließlich in zwei getrennten Anträgen. Die ÖVP spricht sich in ihrem Antrag für die Vergabe vor der Steiermark-Wahl am 26. September aus. Die SPÖ brachte daraufhin einen eigenen Antrag mit dem ohnehin vorgesehenen Datum Mitte Oktober ein. Abgestimmt wurde darüber nicht; da es sich um selbstständige Anträge handelt, werden sie dem Verkehrsausschuss zugewiesen und dort behandelt.

Abgestimmt wurde Donnerstagnachmittag über den Dringlichen Antrag des BZÖ auf "Sicherstellung der vertragskonformen Umsetzung der Koralmbahn bis 2018" - und dieser blieb in der Minderheit; nur die FPÖ unterstützte das BZÖ. (APA/red, derStandard.at, 17.6.2010)