Krems - Eine Sammlung künstlerischer Vor- und Nachlässe beherbergt das neue "Archiv der Zeitgenossen" in Krems. Die wissenschaftliche Einrichtung des Landes Niederösterreich wird von der Donau-Universität geführt und ist in den - nach einem Entwurf von Adolf Krischanitz adaptierten - Räumen der ehemaligen Filmgalerie am Campus untergebracht. Bei der Eröffnung am Mittwochabend bezeichnete Rektor Jürgen Willer das Archiv als "enorme Ergänzung" der kulturellen universitären Aktivitäten.

Mit dem Ankauf der Vorlässe des Schriftstellers Peter Turrini und des Komponisten Friedrich Cerha um insgesamt 1,025 Millionen Euro durch die NÖ Landesregierung ist im Jahr 2009 mit rund 570 originalen Werkmanuskripten bzw. -partituren sowie über 5.000 Briefen der Grundstock für das Archiv gelegt worden. Ein umfangreicher Bestand an Rezeptionsdokumenten ergänzt die Sammlung. Die Tätigkeit des von Christine Grond geleiteten Archivs soll neben der Erschließung der Bestände auch die Durchführung von Forschungsprojekten, wissenschaftliche Tagungen und die Herausgabe von Publikationen umfassen und will auch Schulen sowie die kulturinteressierte Öffentlichkeit erreichen.

Pröll: zeitgenössischen Künstlern Respekt erweisen

Gerhard Gensch, Leiter des Departments für Arts und Management an der Donau-Universität Krems, versprach anlässlich der Eröffnung, sich "mit Leidenschaft und Engagement" für das Werk von Cerha und Turrini einsetzen zu wollen. Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) bekannte, es erfülle ihn mit Wehmut, wenn etwa das Hauptwerk von Kokoschka oder Schiele "hier, wo sie gelebt haben", nicht zu finden sei. Das dürfe sich nicht wiederholen, und deshalb wolle das Land zeitgenössischen Künstlern entsprechenden Respekt erweisen und ihr Werk dem Land erhalten.

"Verstauben wird hier nichts", vermutete Christiane Teschl-Hofmeister, Moderatorin des Abends. Sinn für trockenen Humor bewies der 84-jährige Cerha: Der Abschied von seinem Werk sei ihm "nicht ganz leicht gefallen, noch dazu, wo unsere Arbeiten jetzt unter der Erde sind". Hingegen erklärte Turrini, "vom Kärntner Heimatvertriebenen zum fröhlichen Niederösterreicher geworden", sein innerer seelischer Schmerz sei "sehr gering" gewesen, und sorgte mit seinem launig-satirischen Text "Die Eröffnung des Theaters" für heitere Akzente. Von Cerha gelangten die "Fünf Stücke für Klarinette, Violoncello und Klavier" aus dem Jahr 2000 durch Matthias Schorn, Stephan Koncz und Janna Polyzoides zur Aufführung. (APA)