Die Bespitzelungsaffäre bei der Deutschen Telekom wird die Justiz weiter beschäftigen. Die Anwälte von 55 Geschädigten der Schnüffelaktion kündigten am Donnerstag in Bonn Beschwerde gegen die Einstellung der Ermittlungsverfahren gegen den früheren Telekom-Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel und den ehemaligen Konzernchef Kai-Uwe Ricke an. "Dr. Zumwinkel und Herr Ricke waren nach unserem Eindruck tief in die Bespitzelungsaktionen verstrickt", sagte der Rechtsanwalt Gerhart Baum.

Ver.di-Bundesvorstandsmitglied Lothar Schröder, der selbst von den Bespitzelungsaktionen betroffen war, betonte, alle bespitzelten Arbeitnehmervertreter fühlten sich von der Staatsanwaltschaft im Stich gelassen. Die Ermittler hätten weder mit den Geschädigten gesprochen, noch ihre Hinweise aufgenommen.

Die Bonner Staatsanwaltschaft hatte am Montag nach zweijährigen Ermittlungen das Ermittlungsverfahren gegen die Topmanager eingestellt. Ein Verstoß gegen Datenschutzbestimmungen oder das Post- und Fernmeldegeheimnis seien weder Zumwinkel noch Ricke nachzuweisen, begründete der Abteilungsleiter der Staatsanwaltschaft Bonn, Friedrich Apostel, den Schritt. Vorwürfe der Opfer, die Staatsanwaltschaft habe große handwerkliche Fehler gemacht und nur lax ermittelt, wies er entschieden zurück.

Anklage erhob die Staatsanwaltschaft lediglich gegen drei Telekom-Mitarbeiter und einen Berliner Unternehmer, der die beschafften Datensätze auswertete.

Der Telekommunikationsriese spionierte nach den Erkenntnissen der Behörde zwischen 2005 und 2006 Telefonverbindungsdaten von mindestens 60 Personen - überwiegend Gewerkschafter, Aufsichtsräte und Journalisten - aus, um herauszufinden, wie Konzerninterna an die Presse gelangten.

Zumwinkel und Ricke hatten die Entscheidung der Staatsanwaltschaft begrüßt. Zumwinkel betonte in einer Erklärung, er betrachte dies als "Verfahrenseinstellung erster Klasse". Nun sei bewiesen, dass jedweder strafrechtliche Vorwurf gegen ihn unbegründet sei. Auch Ricke zeigte sich erleichtert. Die Unterlagen der Staatsanwaltschaft bewiesen "eindeutig, dass ich mir hier nichts habe zuschulden kommen lassen", meinte er.

Die Rechtsanwälte der Bespitzelungsopfer rügten, dass die Staatsanwaltschaft ganze Themenkomplexe wie die Behinderung der Tätigkeit der Arbeitnehmervertretung durch den Konzern bei ihren Ermittlungen ausgeblendet habe. Unverständlich sei, dass den Anwälten der Opfer bis heute das Recht auf Einsicht in die vollständigen Ermittlungsakten verwehrt werde. "Es kann nicht sein, dass die Justiz in Deutschland so mit Opfern umgeht", sagte Rechtsanwältin Hertha Däubler-Gmelin. (APA)