Innsbruck - Zehn Prozent der beim Tiroler Gewaltschutzzentrum registrierten Opfer von häuslicher Gewalt waren im vergangenen Jahr Männer. Insgesamt haben sich 2009 knapp 1.200 Personen an die Opferschutzeinrichtung gewandt.
Eher psychische denn körperliche Gewalt
Der Unterschied in der Gewalt gegenüber Männern liegt in der Schwere und Intensität, erklärte Angela Federspiel, Geschäftsführerin des Zentrums, am Rande einer Pressekonferenz am Donnerstag. "Es wird viel psychische Gewalt ausgeübt", führte Federspiel aus, aber auch Körperverletzungen kämen vor. "Bei den zehn Prozent der männlichen Opfer sind sieben bis acht Prozent der Täter Männer, der Rest Frauen", so Federspiel. Oftmals handle es sich dabei um Auseinandersetzungen zwischen dem Vater und dem Sohn oder auch unter Brüdern.
Gewalt durch Alltagsstreitigkeiten
Generell seien aber Frauen zwischen 18 und 60 Jahren gefährdet. Jede vierte bis fünfte Frau müsse im Laufe ihres Lebens Gewalt erfahren, schilderte die Expertin. Eine Dunkelziffer sei allerdings schwer zu schätzen. "Durch Alltagsstreitigkeiten kommt es oft zu Gewalt, weil ein Teil der Partner nie gelernt hat, Konflikte anders zu lösen", sagte Federspiel. Jede Gesellschaftsschicht sei davon betroffen.
Die Thematik der häuslichen Gewalt sei aber nach wie vor ein Tabu. "Über 70 Prozent der Meldungen sind polizeiliche, 30 Prozent kommen selbst oder werden von öffentlichen Krankenhäusern oder Ärzten vermittelt", erläuterte die Geschäftsführerin des Gewaltschutzzentrums die Situation in Tirol. Die Opfer hätten teilweise kein Interesse, Verletzungen bekanntzugeben und würden erfinderisch. "Krankenhaustouristinnen" würden deshalb oft die Spitäler und ÄrztInnen wechseln, um den schönen Schein nach Außen wahren zu können.
Vernetzung im Gesundheitsbereich
Mithilfe des seit zwei Jahren laufenden grenzüberschreitenden Interreg IV-Projekt "Diagnose: Gewalt!" zwischen dem Bundesland Tirol und Südtirol habe ein Vernetzung besonders im Gesundheitsbereich stattgefunden. Broschüren als Leitfaden für ÄrztInnen und Pflegepersonal, "Vertraue dich an!"-Poster für Betroffene in Arztpraxen und Ambulanzen, mehrsprachige Info-Cards sowie eine Homepage waren dafür erstellt worden. 268.000 Euro wurden in das Projekt von der EU, des Landes Tirol und der Autonomen Provinz Bozen (Südtirol) investiert. (APA)