Trotz der schweren Unruhen im Süden Kirgistans will die Übergangsregierung an der Durchführung des Verfassungsreferendums am 27. Juni festhalten. "Die provisorische Regierung und die zentrale Wahlkommission arbeiten. Es wird niemand schaffen, uns von unserem Kurs abzubringen. Man muss das Land aus der Sackgasse herausführen", sagte die kirgisische Interimsregierungschefin Rosa Otunbajewa.

Die neue Verfassung sieht eine Beschneidung der Rechte des Präsidenten vor. Zeitgleich soll eine Abstimmung durchgeführt werden, in der das Volk Otunbajewa als Präsidentin absegnen soll. Die kirgisische Übergangsregierung vermutet den Anfang April gestürzten Präsidenten Kurmanbek Bakijew und seine Anhänger, die in Südkirgistan ihre Machtbasis haben, hinter den Unruhen. Bakijew wolle das geplante Verfassungsreferendum torpedieren.

Die Voraussetzungen für die Durchführung des Verfassungsreferendums sind jedoch denkbar schlecht. Bei den Unruhen, die in der Nacht auf den 11. Juni begannen, wurde offiziellen Angaben zufolge mindestens 191 Menschen getötet. Tatsächlich dürften wohl mehr als 700 Menschen gestorben sein. 100.000 Flüchtlinge haben die Städte Osch und Jalalabad verlassen.

Warnung der Uno

Falls es zu Unregelmäßigkeiten bei der Abstimmung kommt, drohten große Probleme, warnte der UN-Sondergesandte Miroslav Jenca laut Reuters. "Die Regierung muss abschätzen können, ob sie in der Lage ist, das Referendum so zu organisieren, dass es anerkannt wird." Inzwischen hat sich die Lage in der Krisenregion etwas stabilisiert. Es wurden keine Gefechte oder Brandanschläge gemeldet. "Kirgistan braucht keine Friedenstruppen mehr. Wir sind in der Lage die Situation in Osch und Jalalabad selbst zu stabilisieren", sagte Verteidigungsminister Ismail Issakow. Zuvor waren Otubajewas Rufe nach militärischer Hilfe in Moskau und Washington ungehört geblieben. (Verena Diethelm aus Moskau/DER STANDARD, Printausgabe, 18.6.2010)