Leben nach dem Tod in Social Networks

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Als die schwedische Designerin Lisa Granberg im Vorjahr Investoren für ihr Startup MyWebwill suchte, wurde sie von vielen belächelt. Ein Testament für den irdischen Nachlass, okay. Aber wer braucht schon einen Pompfüneberer fürs digitale Leben? Dass offenbar immer mehr Menschen darüber nachdenken, zeigt die Entwicklung der schwedischen Plattform: Seit Mittwoch bietet sie ihre Dienste nun weltweit an.

MyWebWill

"Menschen leben neben der Wirklichkeit zunehmend im Internet, deshalb gibt es den Tod auch im Netz", sagt Granberg. Doch was passiert mit all den auf sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter und Co gemachten Eintragungen und Bildern, wenn der Nutzer gestorben ist? Was soll mit dieser digitalen Hinterlassung geschehen? "Uns können Menschen sagen, was mit ihren Spuren im Netz geschehen soll", erläutert die 28-jährige Schwedin. Das Internettestament, das auf der Plattform hinterlegt werden kann, ermächtigt MyWebwill beispielsweise, ein Facebook-Konto zu löschen, den Status zu verändern oder das Profil zu einer Erinnerungsseite umzubauen. Wer einen Blog führt, kann hier seinen gewünschten Abschiedseintrag aufbewahren oder das vorformulierte E-Mail hinterlassen, mit dem man sich von seinen Freunden persönlich verabschieden möchte. Festgelegt werden kann auch der Zeitpunkt nach dem Tod, wann MyWebwill das digitale Testament vollstrecken soll.

Passwörter und Dokumente speichern

Auf dem Dienst können Nutzer für den Todesfall die wichtigsten Passwörter und Dokumente verschlüsselt speichern. Nach dem Ableben werden die Informationen dann von Mywebwill den zuvor ausgewählten Personen zugängig gemacht. Sterben ist aber auch in der Internetwelt nicht kostenlos. Mywebwill-Nutzer außerhalb Schwedens zahlen dafür in der Betaphase einen Betrag von rund zehn Dollar jährlich. Für den Todesfall bestimmt der Nutzer zwei Vertrauenspersonen, die die Plattform über sein Ableben informieren.

MyWebwill ist nicht der erste und einzige digitale Nachlassverwalter. Andere Beispiele sind der Last Messages Club aus Großbritannien oder die US-Anbieter PrivateMatters, AssetLock und Deathswitch.com. Letzterer wirbt für sich mit der nüchternen Aufforderung: "Sterben Sie nicht mit Geheimnissen, die keine mehr sein sollten." (kat/ DER STANDARD Printausgabe, 18. Juni 2010)