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Angesichts der hohen Ausgaben für Nachhilfe fordert die Arbeiterkammer eine Beschleunigung der Schulreform.

Foto: ap/Lilli Strauss

Die Arbeiterkammer (AK) sieht sich durch eine neue Studie über Nachhilfe in Österreich in ihrer Forderung nach ganztätigen Schulangeboten bestätigt. Im Jahr werden 126 Millionen Euro für Nachhilfe ausgegeben. Das ergab eine Studie des Ifes-Institutes (Institut für empirische Sozialforschung) im Auftrag der Arbeiterkammern Kärnten und Wien. Demnach gibt jeder österreichische Haushalt durchschnittlich 764 Euro pro Jahr für Nachhilfe aus.

Für AK-Präsident Herbert Tumpel ist die "alte Halbtagsschule" an dieser Entwicklung schuld. Diese entspreche dem traditionellen Familienbild, wonach "die Mutter daheim bleibt, das Kind nach der Schule nach Hause zum Essen kommt. Dann hilft die Mutter bei der Hausaufgabe und erklärt die Welt", so Tumpel bei einer Pressekonferenz am Freitag. Das entspreche aber keineswegs mehr der Realität.

34 Prozent bekommen bezahlte Nachhilfe von Lehrern

Laut der Studie haben in 28 Prozent der 2.760 befragten Haushalte Schüler Nachhilfe in Anspruch genommen. 20 Prozent bezahlten für die Nachhilfe, zehn Prozent erhielten sie gratis. Am meisten Nachhilfe geben die dafür eingerichteten Institute (37 Prozent), dicht gefolgt von Lehrern (34 Prozent). "Die Schule produziert einen boomenden Nachhilfemarkt, der aber nicht für jeden leistbar ist. Das ist soziale Ungerechtigkeit", so Goach dazu. 

Insgesamt würden 26 Prozent der Kinder private Nachhilfe brauchen - hochgerechnet wären das 310.000 Kinder. 70.000 von ihnen (sechs Prozent) bekommen sie aber nicht, weil es entweder kein Angebot gibt oder dieses zu teuer ist. Drei Viertel der Eltern helfen ihren Kindern laut der Studie bei den Aufgaben, 33 Prozent tun dies "so gut wie täglich".

"Alte Halbtagsschule muss endlich reformiert werden"

"Das alte Halbtagsschulsystem, das Kinder mit unerledigten Aufgaben heimschickt und zu wenig fördert, muss endlich reformiert werden", sagte der Präsident der Kärntner Arbeiterkammer, Günther Goach, in einer Aussendung anlässlich der Präsentation der Ergebnisse.

Elf Prozent sind nurch Nachhilfe finanziell "sehr stark belastet"

Elf Prozent der befragten Haushalte gaben an, dass sie durch die Nachhilfe "sehr stark belastet" würden, 33 Prozent sind "spürbar belastet" und 31 "ein wenig", und 25 Prozent sind "so gut wie gar nicht belastet". Vor allem sozial schwächere und weniger gebildete Elternhäuser können sich Nachhilfe nur schwer leisten, so die AK. "Da müssen wir gegensteuern und dafür sorgen, dass wirklich alle Kinder die Bildungsziele erreichen können", sagte Hermann Haneder, Chef der AK Niederösterreich in einer Aussendung. "Bei ganztägigen Schulangeboten mit entsprechenden Übungs- und Lerngruppen und einer Ausweitung von Fördergruppen wäre es möglich, externe Nachhilfe deutlich zu reduzieren", so Stefan Schober von der AK Niederösterreich.

Mehr als die Hälfte der Befragten für verpflichtende Ganztagsschule

Auch eine überwiegende Mehrheit der Befragten glaubt, dass mehr Förderunterricht an Schulen (77 Prozent), schulische Nachmittagsbetreuung mit individueller Förderung (73 Prozent) die Eltern finanziell entlasten würden. Mehr als die Hälfte (52 Prozent) finden, dass Ganztagsschulen mit verpflichtender Anwesenheit helfen würden. 

Die AK fordert daher unter anderem eine "Beschleunigung der Schulreform" durch die Einführung einer gemeinsamen Mittelstufe sowie einer flächendeckenden Ganztagsbetreuung, mehr Förderunterricht an Schulen und den Ausbau externer Nachmittagsbetreuung.(lis/APA, derStandard.at, 18.6.2010)