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Festwochenpräsident Rudolf Scholten.

Foto: APA/ HANS KLAUS TECHT

Wien - Am Anfang war die wachsende Kritik am Festwochenmusikchef Stéphane Lissner - wegen zusehends blässlicher Opernprogramme. Und unlängst hat auch Festwochenpräsident Rudolf Scholten laut darüber nachgedacht, in diesem - gegenüber dem Theater abfallenden - Bereich Konsequenzen zu ziehen.

Umwandlung der Festwochen in ein Theaterfestival? Die Musiktheateragenden an andere abgeben? So heftig muss es nicht kommen: "Mein Punkt ist nicht, dass die Festwochen keine Opern machen sollen, vielmehr, dass sie Produktionen präsentieren, die außerhalb der Gewohnheiten des Jahresbetriebes liegen. Die Festwochen müssen sich über ihre Außergewöhnlichkeit definieren. Wenn es gelingt, Totenhaus mit Boulez und Chéreau zu realisieren, was in dem Augenblick vermutlich nur Musikchef Lissner gelingen konnte - wunderbar!" Die tolle Entwicklung des Theaters an der Wien sei "im Übrigen ja nicht zuletzt auf die Festwochen zurückzuführen. Die Opernkonzeption des Theaters an der Wien rührt zum großen Teil daher, dass man via Festwochen gesehen hat, wie Oper außerhalb des Repertoiretheaterzwangs gelingen kann."

Was die Festwochenkonzerte anbelangt, die abwechselnd vom Musikverein und vom Konzerthaus bestritten werden, ohne dass die mitzahlenden Festwochen inhaltlich Einfluss nehmen können, gibt sich Scholten nun gelassen: "Ich wäre da noch vor wenigen Jahren wesentlich kategorischer gewesen. Aber beide Konzerthäuser sind uns finanziell beeindruckend entgegengekommen. Der Beitrag der Festwochen zum Musikprogramm beträgt im Vergleich zu früher weniger als die Hälfte. Daher habe ich eine gewisse Scheu, zu kritisieren. Von der Struktur her ist es aber sicher nicht Ziel eines Festivals, ein Programm zu finanzieren, das auch vom Publikum nicht mit den Festwochen identifiziert wird." So dies in einem akzeptablen finanziellen Rahmen bleibe, findet Scholten die Kooperation aber "total in Ordnung" .

Über den Musikbereich hinausgehend, meint er, hätten die "Festwochen die Funktion, im experimentelleren Bereich dafür zu sorgen, dass immer wieder kleine Ecken Neuland beschritten werden, was dem Jahresbetrieb wohl nicht möglich ist. Nicht nur bezüglich der Entdeckung von Spielorten, sondern auch bei der Art der Projekte - wie etwa Into The City." Es ist dies jenes Vorhaben, das sich mit kulturellen Ausdrucksformen von Jugendlichen auseinandersetzt, auch in Form von Workshops, bei denen man sich mit HipHop, Breakdance, Slam-Poetry und Video-Podcast befasst.

Vieles ist natürlich eine Frage des Geldes: "Die Festwochen haben seit langem keine Budgeterhöhungen erhalten. Und die Wahrscheinlichkeit, dass man eine bekommen wird, ist sehr klein. Man muss also sehen, wie man mit dem vorhandenen Geld umgeht. Und bevor wir Opernproduktionen machen, die dem Theater an der Wien oder sogar dem Wiener Repertoirebetrieb möglich wären, schiene es vernünftiger, das Geld im Schauspiel einzusetzen, wo es langsam sehr knapp wird." Die Operndiskussion wird also in jedem Fall weitergehen. (Ljubiša Tošić, DER STANDARD/Printausgabe 19.6./20.6.2010)