Gibt es auch schwarze Trauerschleier für Männer? Bei den Reaktionen der meisten Politiker und einiger Medienmanager (zum Teil in Ruhe) auf den Tod des 89-jährigen Hans Dichand konnte man den Eindruck gewinnen, sie hätten gern so ein Kleidungsstück, um ihre tiefe Erschütterung öffentlich auszustellen. Am unerträglichsten aber war die Dokumentation über Dichand, mit der der ORF einen guten Teil seiner Kompetenz als Informationsmedium abgegeben hat.

Ein kreuzbraves, in Ehrfurcht erstarrendes Porträt, in dem praktisch nur Bewunderer und Abhängige zu Wort kamen; ohne auch nur ansatzweise den unheilvollen, oft geistesvergiftenden Einfluss der Krone und ihres Herrschers darzustellen.

Die Spezialität der Krone waren auch üble, menschenverachtende Hetzkampagnen. Dinge, wie sie in der Krone standen, wären in keinem anderen europäischen Massenmedium möglich gewesen. Der damalige Kardinal Franz König musste sich vor vielen Jahren durch Intervention für den Abbruch einer Serie über "Die Juden" bemühen. Noch vor wenigen Jahren attestierte ein Gerichtsurteil der Krone "antisemitische, rassistische und nationalistische Untertöne". All das ist in der allgemeinen Aufdenbauchwerfung kaum thematisiert worden. Die Art, wie das offizielle Österreich auf das Hinscheiden Dichands reagierte, zeigt den Zustand des öffentlichen Bewusstseins, den er selbst mit herbeigeführt hat. (Hans Rauscher/DER STANDARD; Printausgabe, 19./20.6.2010)