Knysna - Die Zustände in Frankreichs Nationalteam bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika werden immer chaotischer. Sonntagnachmittag musste eine öffentliche Trainingseinheit der "Bleus" abgebrochen werden, nachdem sich Kapitän Patrice Evra und Fitnesscoach Robert Duverne am Spielfeld eine heftige verbale Auseinandersetzung geliefert hatten. Teamchef Raymond Domenech musste sich zwischen die beiden Streithähne stellen, um Schlimmeres zu verhindern.
Die Spieler verließen zum Ärger der anwesenden Fans daraufhin das Spielfeld und verschanzten sich im Mannschaftsbus. Frankreichs Teamdirektor Jean-Louis Valentin erklärte daraufhin wutentbrannt seinen Rücktritt. "Das ist eine Schande, ich werde Südafrika sofort Richtung Paris verlassen", meinte Valentin, ehe er gegenüber Journalisten noch deutlicher wurde. "Es ekelt mich an, ich werde meine Funktion beenden. Was hier passiert ist, ist ein Skandal für den Verband, für das französische Team und für das ganze Land."
Die Teamkicker boykottierten das Training, um gegen den Rauswurf von Anelka aus dem WM-Kader zu protestieren. Eine dementsprechende Erklärung der Franzosen verlas Teamchef Domenech. "Alle Spieler der französischen Mannschaft wünschen sich ohne Ausnahme, ihre Ablehnung der Entscheidung des französischen Fußballverbandes zu bekräftigen, Nicolas Anelka auszuschließen", hieß es in dem Statement.
Auslöser
Der Auslöser des Chaos, das verbale Eigentor von Nicolas Anelka, hatte die Wenigsten überrascht. "Wer sonst?", sagten französische Journalisten in Südafrika kopfschüttelnd, als die Beleidigungen des Stürmers gegen "Bleus"-Trainer Raymond Domenech enthüllt worden waren. Dass Anelka erst mit 31 Jahren seine erste WM bestritt, hat Gründe. Trouble und Tore, Trash-Talk und Traumleistungen gingen in Anelkas nunmehr 15-jähriger Profikarriere immer Hand in Hand.
Das Fachmagazin "France Football" hatte gewarnt: "Sein Talent stand bei seinen bisherigen acht Clubs nie zur Debatte, aber der Bad Boy ist ein Kind von Polemik und Zwietracht, das sich mit den Jahren nicht beruhigt hat." Und nicht wenige haben Anelka in den vergangenen Jahren neben Unbeherrschtheit auch Egoismus vorgeworfen. "Man hat den Eindruck, er spielt für sich selbst", meinte etwa der frühere französische Teamspieler Bixente Lizarazu nach dem WM-Debüt von Anelka beim 0:0 gegen Uruguay.
Frankreichs Nationalteam befindet sich seit dem 0:2 gegen Mexiko in einer hausgemachten Krise. Der bisherige Höhepunkt war am Samstag mit dem Rauswurf von Stürmer Nicolas Anelka erreicht worden, der Teamchef Domenech derb beschimpft haben soll. Der vor dem Aus stehende Vizeweltmeister von 2006 trifft am kommenden Dienstag im letzten Gruppenspiel auf Südafrika. (APA/dpa)