Dalvík - "Im Grunde genommen ist alles im Leben Salzfisch", schrieb einst der isländische Schriftsteller Halldór Laxness. Dies gilt besonders für die Bewohner des unwirtlichen Nordens, wo viele vom Fischfang leben.
Im Örtchen Dalvík, dem Polarkreis schon recht nahe, liegt die Fischfabrik Samherij, eine der größten in Island. An die 60 Tonnen frischer Kabeljau und Hering werden hier jeden Tag gehäutet, filetiert und gefroren. Das fertige Produkt wird an Großhändler geschickt, vor allem in Großbritannien, Frankreich und Spanien.
Ein 150-Liter-Kübel, gefüllt mit abgehackten Fischköpfen, erwartet Besucher im ersten Raum der beinahe klinisch sauberen, weiß gekachelten Anlage. "Früher haben wir daraus Katzenfutter gemacht, heute schicken wir die Köpfe getrocknet nach Nigeria, die machen daraus Suppe", erklärt Betriebsleiter Gestur Geirsson.
Die geschmackvollste Aufgabe liegt bei der Qualitätskontrolle der Fabrik. Zu ihren Aufgaben gehört, viermal am Tag die Ware zu kosten. "Frisch gefangener Kabeljau schmeckt nach nichts", sagt eine Kontrolleurin. "Erst nach Einsetzen der Totenstarre entwickelt er seinen typischen, leicht süßlichen Geschmack." Die Ware von Samherij treffe normalerweise zwei Tage nach dem Fang in der Fabrik ein, dies sei genau die richtige Zeit zur Verarbeitung.
Die Hälfte aller isländischen Exporte sind Fischprodukte. Island erstritt sich vor der Uno ein Hoheitsgewässer von 200 Seemeilen - mehr als jeder andere Staat auf der Welt. Viele Fischer fürchten, dass durch einen EU-Beitritt ausländische Firmen ins Land drängen könnten. Das bedrohe seine wirtschaftliche Unabhängigkeit.
Denn bislang beschränkte die Regierung die Fangquoten für ausländische Fischerboote und limitierte den maximalen Anteil fremder Investoren an isländischen Firmen auf 49 Prozent. Durch die gemeinsame Fischereipolitik der EU würden diese Regeln fallen.
"Ausländer halten bislang keine großen Anteile an isländischen Betrieben. Ich erwarte nicht, dass sich das ändert", entwarnt Manager Geirsson. Ob das die Meinung der Bevölkerung ändern wird, will er nicht einschätzen. "Wenn es zur Abstimmung über einen EU-Beitritt kommt, wird es nur um den Fischfang gehen, und wie gut der Deal für uns ist." (Alexander Fanta/DER STANDARD, Printausgabe, 21.6.2010)