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Das Symbol für den Rausch: Das Cannabis-Blatt.

Foto: AP/Jeff Chiu

Wien - Tief im 2. Bezirk, unweit des Rotlichtviertels, verrät an der Straßenecke nur ein kleines "Zipfer"-Schild, dass hier ein Beisl sein könnte. Die Fenster sind mit dichten Vorhängen bedeckt, an der Eingangstür steht in fetten Lettern "Täglich geöffnet ab 20 Uhr". Doch auch nach 20 Uhr steht man erst mal vor verschlossenen Türen: Bevor man als Kunde eintreten kann, muss der Besitzer von innen aufschließen.

Auch drinnen sieht die Lokalität nicht wirklich einladend aus, dennoch ist der Betrieb sehr lebhaft: Auf den drei Tischen verteilt sitzt vorwiegend männliches, junges Publikum bei Bier und Joints. Ein stechender Marihuanageruch liegt in der Luft, und tatsächlich hat die Hälfte der gut ein Dutzend Kunden gerade einen Joint in der Hand.

Klare Spielregeln

Bevor man sich jedoch zur Runde setzen kann, deutet der etwa 60-jährige Besitzer, der gerade selbst drei tiefe Züge vom Joint nimmt und daraufhin in Husten ausbrechen muss, mit seinem Zeigefinger Richtung Tresen. Es gibt nämlich klare Spielregeln: Auch wer nur hier ist, um sich Marihuana zu holen - an einem Getränk kommt niemand vorbei.

Eigentlich sollte es laut Polizei solche illegalen Cafés gar nicht mehr geben. Im Jahr 2004 wurde mit einer breit angelegten polizeilichen Aktion gegen die sogenannten "Cannabis-Cafés" (nicht zu verwechseln mit den geduldeten Coffeeshops in den Niederlanden) vorgegangen. "Es gab zu der Zeit etliche solcher Cafés", erinnert sich Johann Golob, Leiter der Pressestelle der Wiener Polizeidirektion: "Seit dieser Zeit, und auch aktuell, sind uns keine weiteren Hotspots bekannt."

An den hintersten Tisch im Lokal setzt sich mittlerweile ein junger Bursch, sein Skateboard in Armreichweite an die Bank gelehnt. Wie selbstverständlich rollt er einen Joint. Schon bald kommt ein etwa 35-jähriger Herr vom Tresen zu ihm hinüber und legt einen 20-Euro-Schein auf den Tisch. Routiniert kramt der Bub ein Päckchen mit etwa zwei Gramm Marihuana aus seinem Rucksack. Geld und Gras wechseln den Besitzer.

Cannabiskonsum stagniert

"Die Verfügbarkeit von Cannabis ist in den meisten europäischen Ländern so gut, dass darüber kaum der Konsum gesteuert werden kann. Wer Cannabis in Wien erwerben will, kann dies verhältnismäßig leicht tun", behauptet Alexander David, Drogenbeauftragter der Stadt Wien. Letztendlich stagniert jedoch der Cannabiskonsum in Österreich nach einer kontinuierlichen Zunahme in den letzten 20 Jahren. "Es scheint ein gewisses Plateau des Konsums erreicht zu sein", so David. Auch die Illegalität von Cannabis beeinflusse den Konsum nur leicht, da sie im Vergleich zu allen anderen illegalen Drogen bei Cannabis am wenigsten abschrecke.

Hinter den Wiener Lokalen, in denen mit Cannabis gedealt wird, stehen organisierte, auf Gewinn erpichte Händler. Dies kann durchaus problematische Konsequenzen mit sich ziehen. "Das sind Geschäftsmänner, denen der gesundheitliche Aspekt total egal ist. Die nehmen auch in Kauf, dass ihre Ware mit Sand bestreut wurde, um das Gewicht zu steigern", warnt David. (Fabian Kretschmer/DER STANDARD-Printausgabe, 21.6.2010)