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In Russland gestählter Ami als BP-Krisenchef: Robert Dudley.

Foto: AP/Senne

Zuletzt galt er mehr als Frühstücksdirektor, nun setzte ihn BP auf den momentan wichtigsten Posten im schwer angeschlagenen Konzern: Während BP-Chef Tony Hayward künftig mehr Zeit für Yacht-Törns und Golfspiel haben wird, soll Robert Dudley das Öldesaster vor der US-Küste in den Griff bekommen.

Wohl nicht ganz zufällig wählte der britische Konzern einen Amerikaner für die Bewältigung der Herkulesaufgabe, noch dazu einen, der in seiner Kindheit oft die Ferien an der nunmehr verseuchten Küste verbracht hat. Im medialen Match war die transatlantische Rivalität zuletzt weit größer als auf dem Fußballrasen, die Ressentiments gegen British Petroleum (wie der Konzern ursprünglich hieß) müssen gerade auf höchster politischer Ebene geglättet werden.

Da trifft es sich gut, dass Dudley im Gegensatz zu seinem Chef als besonnen gilt, als einer, der lieber anpackt, als darüber zu sprechen, und vor allem nichts schönredet. Die Krisenerfahrung des gebürtigen New Yorkers ist ohnehin unbestritten, zog es den studierten Chemiker, der beim 1998 von BP übernommenen US-Ölkonzern Amoco angeheuert hatte, doch immer wieder in Problemzonen. Dazu zählten von der politischen Kultur her heikle afrikanische Staaten wie Angola, vor allem aber Russland. Dort führte er ab 2003 das Gemeinschaftsunternehmen TNK-BP, an dem einflussreiche Oligarchen beteiligt sind, denen nachgesagt wird, über undurchsichtige Kanäle Konzernvermögen in die eigene Tasche umzuleiten. Dudley legte sich prompt mit ihnen an, drang auf transparente Buchführung und stemmte sich gegen wachsende Einflussnahme des Kremls. So- gar der Geheimdienst schnüffelte in der Zentrale herum, Steuerrazzien standen sowieso auf der Tagesordnung.

So richtig in die Schlagzeilen geriet Dudley, als er seinen Geschäftssitz an einen geheimen Ort verlegte - für den Fall, dass es nicht beim sanften Druck der Politik und der "Partner" bleiben sollte. Letztlich warf er 2008 das Handtuch, beziehungsweise wurde er - je nach Darstellung - von BP abgezogen. Seither hat der 54-jährige zweifache Vater mehr Zeit, wurde er von BP doch aufs Abstellgleis gestellt. Als eine Art Außenminister, der sich diplomatischen Beziehungen widmet, bezeichnen ihn manche Konzern-Leute. Die ruhigen Zeiten sind nun jedenfalls vorbei und dürften so rasch nicht mehr kommen, wird Dudley doch als Anwärter auf den BP-Thron gehandelt. (Andreas Schnauder/DER STANDARD-Printausgabe, 21.6.2010)