Zur Frage von Sexualität und Post-Kolonialismus: Professorin María do Mar Castro Varela.

Foto: Wolfgang Borrs

Salzburg - Neuere akademische Trends im weiten Feld der kultur- und gesellschaftswissenschaftlichen Theorien sind oft schwer verständlich. Obwohl ihnen emanzipatorische Absichten zugrunde liegen, bleiben die Diskurse und Abhandlungen vornehmlich elitären Gelehrten- und Aktivistengrüppchen zugängig, Allgemeinverständlichkeit scheint geradezu als schwerer Makel und Verrat an der eigenen Theorieproduktionsseligkeit zu gelten.

Dass es auch anders geht, zeigen María do Mar Castro Varela und Nikita Dhawan, mit ihrer kritischen Einführung über Postkoloniale Theorie (Transcript Verlag), in der das komplexe Forschungsfeld samt den wichtigsten Schriften von Gayatri Spivak, Edward Said und Homi Bhabha kompetent aufgearbeitet wird. Die Konquistadoren mögen Geschichte sein, der Kolonialismus (als Geisteshaltung wie wirtschaftliches Machtverhältnis) treibt weiter sein ausbeuterisches Unwesen.

Castro Varela, die in Berlin interkulturelle soziale Arbeit sowie Gender- und Queer-Studies an der Alice-Salomon-Hochschule lehrt, spricht heute zum Thema: "Postkoloniale Konfusionen: Zur Frage von Sexualität und Post-Kolonialismus" . Ausgehend von der Theorie, dass Kolonien für die europäische Imagination "pornotropics" darstellten, galten außereuropäische Frauen und Männer den Kolonialmächten als sexuell unersättlich, unkontrollierbar und "von der Norm abweichend" .

Zur "zivilisatorischen Reinigung" waren die Eroberer mit Bibel und Büchse, mit Kreuz und Kanonen unterwegs. Welche Konsequenzen dieser wenig humane Umgang mit den "Wilden" bis heute zeitigt (Stichwort: Sextourismus oder Kritik eines "weißen" , eurozentristischen Feminismus) wird auch ein Thema des Vortrags sein. (Gerhard Dorfi, DER STANDARD/Printausgabe, 22.06.2010)