Karin Strobl, Sprecherin des Frauennetzwerk Medien: "Die Diskriminierung hat System."

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Wien - Neulich beim Chefredakteur: Eine Gehaltserhöhung für die verdienstvolle Mitarbeiterin ist zwar fix zugesagt, jetzt aber doch nicht drin. "Ihr Kollege verdient so viel. Ich kann ihm nichts wegnehmen." Schlechter Witz? Gelebte Realität in einer der größten Tageszeitungen Österreichs. "Beispiellose Feigheit" , sagt Karin Strobl, Vorsitzende des Frauennetzwerks Medien. Mit ihrem Verein kämpft sie gegen Diskriminierung in Medienbetrieben - heuer bereits im zehnten Jahr.

Zum Feiern ist den Netzwerkerinnen kaum zu Mute: Wie überall verdienen Journalistinnen weniger als Journalisten und stoßen in der Führungsetage an die "gläserne Decke". Knapp 60 Prozent der Journalisten bekommen mehr als 3000 Euro, bei Journalistinnen sind es 32 Prozent. Vorne liegen Medienarbeiterinnen hingegen in der Ausbildung: Laut Medienhaus sind knapp 41 Prozent Akademikerinnen gegenüber 30 Prozent Akademikern. "Die Diskriminierung hat System" , sagt Strobl. Seit 2007 sitzt sie dem Netzwerk vor, das vor zehn Jahren aus einer Initiative des Standard hervorging. 1996 lehnten sich Standard -Journalistinnen gegen einen ihrer Meinung nach sexistischen Artikel auf und gegen die Tatsache, dass es keine einzige Kolumnistin gab. Bis zur Gründung des Vereins dauerte es vier Jahre. Die Reaktionen von männlichen Kollegen sind bis heute different: "Wenn eine Kollegin sagt, sie ist beim Frauennetzwerk Medien, geht man mit ihr anders um", sagt Strobl. "Wir sind ihnen ein bissl unheimlich. Gut so. Sie sollen sich fürchten."

Vielfältiges Engagement

Das Frauennetzwerk Medien ist ein Forum für persönliche Kontakte, um Informationen für Frauen, die in und mit Medien arbeiten. Der unabhängige Verein mit mehr als 300 Mitgliedern vergibt das "Handtaschl" für frauenfeindliche Äußerungen, organisiert eine Expertinnendatenbank, führt Mentoringprogramme durch, lädt zu Karrieretalks, betreibt eine Jobbörse und richtet den Journalistinnenpreis "Spitze Feder" aus. Die Netzwerkerinnen sitzen in Jurys von Kurt-Vorhofer- und Robert-Hochner-Preis und bewegten in zehn Jahren einiges: Der ORF bekam Gleichbestellungsbeauftragte und Frauenplattform, im ORF-Gesetz fix ist die Frauenquote.

Kritik übt Strobl auch an den Produkten, denen es oft genug an geschlechtssensibler Darstellung fehlt. Die Frau in der Küche, die einen Bericht über Familien illustriert ärgert Strobl maßlos. "Als hätte es Johanna Dohnal nicht gegeben." Wenn die Heute-Journalistin eine Expertise braucht, telefoniert sie so lange, bis sie eine Frau an den Apparat bekommt. "Das dauert zwar länger, ist aber einfach ntowendig. Als Zeitungsmenschen sollten wir sensibilisieren." Was Strobl Berufseinsteigerinnen rät: Ausdauer, Vernetzung, sich Verbündete suchen: "Wenn ein Redakteur in der Redaktionskonferenz ein Thema vorschlägt, klatschen ihm mindestens zwei Kollegen zu. Natürlich machen wir das jetzt auch. Gezielt. Diese Tricks schauen wir uns ab."

Und wie vereinbart die Alleinerzieherin die Mehrfachbelastung aus Job, Vereinsmeierei und Familie? "Ich bin Gott sei Dank keine perfekte Hausfrau." (Doris Priesching, DER STANDARD/Printausgabe 22.6.2010)