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Foto: Reuters/Gomez

Brust raus, Rücken gerade. Es war eine unbewusste, aber vielsagende Geste an entscheidender Stelle der Siegesrede von Juan Manuel Santos: "Streitkräfte! Der Exkadett ist zu Diensten, um den Terrorismus zu bekämpfen!" Der ganze Stolz auf seine militärische Ausbildung an der Kadettenschule der Marine, der ganze Stolz auf seine erfolgreichen Schläge gegen die Guerilla als Verteidigungsminister sprachen aus dieser Geste des künftigen Präsidenten. Es war die Stunde des Triumphs, auf die sich der 58-jährige Spross einer Verleger-und Politikerdynastie ein ganzes Leben lang vorbereitet hat.

Schon Eduardo Santos, der Bruder seines Großvaters, war in den 1940er-Jahren Staatschef, sein Cousin Francisco Santos Vizepräsident unter Álvaro Uribe. Der Santos-Familie gehören Banken und die größte Tageszeitung des Landes El Tiempo, deren Vizedirektor Juan Manuel zehn Jahre lang war. Neben dem Journalismus widmete sich Santos dem Kaffeeanbau und war Delegierter der Internationalen Kaffeeorganisation in London.

Geboren und aufgewachsen in Bogotá wurde er von seiner Familie wegen seines Ehrgeizes und seiner raschen Auffassungsgabe schon früh für Höheres bestimmt. Nach seiner militärischen Ausbildung studierte er Wirtschaftswissenschaften und öffentliche Verwaltung an der London School of Economics und Harvard.

Während seiner Zeit als Zeitungsherausgeber unterrichtete er Ökonomie an der Universidad de los Andes und zählte nach Auffassung des Weltwirtschaftsforums in Davos zu den hundert wichtigsten Nachwuchskräften der Welt. Er gilt als Bewunderer von Tony Blair, mit dem er ein Buch über den "Dritten Weg" verfasste. Später schloss er als Außenhandelsminister mehrere Freihandelsverträge ab, dann lenkte er das Finanzministerium durch schwierige Zeiten.

Santos könne im Gegensatz zu seinem aufbrausenden Vorgänger Uribe Kritik ertragen, zuhören und im Team arbeiten, wie ihm ein enger Mitarbeiter bescheinigt. Privat gilt der stets elegant gekleidete, dreifache Familienvater als guter Gastgeber und Unterhalter, der gerne mit ein paar Freunden bis tief in die Nacht feiert. Seine Kritiker haben ihm den Spitznamen Chucky gegeben - nach der hinterhältigen Mörderpuppe aus Hollywood. Sie sehen in dem passionierten Golf- und Pokerspieler einen typischen Vertreter der Oligarchie, die Kolumbien seit Generationen zum eigenen Vorteil regiert, und eine Marionette Uribes. (Sandra Weiss/DER STANDARD, Printausgabe, 22.6.2010)