Wien - Im Gasstreit zwischen Russland und Weißrussland besteht für Europa laut dem deutschen EU-Energiekommissar Günther Oettinger "überhaupt kein Grund zur Nervosität", zumal Europa die Möglichkeit habe, Gas über andere Wege zu beziehen. Mit "hoher Wahrscheinlichkeit" werde in den nächsten Tagen wieder ein "geregelter Vertragszustand" zwischen den beiden Ländern herrschen. Die EU sei seit Freitag mit den Russen in engem Kontakt. Heute, Dienstag, werde es ein Telefonat mit dem russischen Energieminister geben, kündigte Oettinger am Montagabend am Rande des 12. Summernight Symposiums von Roland Berger in Wien an.
Nachdem der russische Gasmonopolist Gazprom am Montag die Lieferung an sein Nachbarland wegen offener Rechnungen gedrosselt hatte, lenkte Weißrussland am Nachmittag ein. Die Schulden von 192 Mio. Dollar (155 Mio. Euro) sollen nun binnen zwei Wochen beglichen werden.
"Kein Grund, am Plan zu rütteln"
Durch die Pipeline Nabucco, die unter Umgehung Russlands Gas vom kaspischen Raum nach Europa pumpen soll, solle wie geplant 2014 das erste Gas fließen, bekräftigte der Kommissar. 2018 solle dann die volle Kapazität erreicht werden. "Es gibt keinen Grund, an dem Plan zu rütteln." Die EU wolle die Leitung, an der die österreichische OMV beteiligt ist, mit 200 Mio. Euro fördern, die Frage nach zusätzlichem EU-Geld stelle sich nicht.
Beim Konkurrenzprojekt South Stream von Gazprom sei es noch zu früh, europarechtliche Belange wie etwaige Ausnahmeregelungen zu besprechen. "Erst in einem Jahr" werde man sich diesen Fragen widmen.
Feiertagszuschläge
Die Diskussion um die sogenannte Feiertagszuschläge bei den Benzinpreisen sieht Oettinger gelassen. Österreichische, aber auch deutsche Autofahrerclubs warfen der Mineralölindustrie wiederholt vor, kurz vor Ferienbeginn die Preise zu Unrecht anzuheben. Ende Mai hat schließlich Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) angekündigt, die Spritpreis-Verordnung zu verlängern und zu novellieren, was wiederum die Mineralölfirmen kritisch beäugen. Für die EU-Kommission gebe es hier jedenfalls keinen Handlungsbedarf, sagte Oettinger. "Wir prüfen das ständig", kartellrechtlich sei alles in Ordnung. "Die Autofahrerclubs haben ein Interesse, ihre Mitglieder zu befriedigen", meinte er lediglich.
Das europäische CO2-Reduktionsziel von 20 Prozent weniger Kohlendioxidausstoß bis 2020 will Oettinger nur dann auf 30 Prozent erhöhen, wenn auch andere große Länder wie USA oder China mitziehen, bekräftigte er. Diese Position wolle die EU auch beim Klimagipfel in Cancun (Mexiko) Endes des Jahres vertreten. Eine Stand-Alone-Lösung lehne die Kommission ab. (APA)