Die Gewässer vor den Küsten Westafrikas werden nach und nach von europäischen und asiatischen Fangflotten leergefischt. Die Trawler erwirtschaften nach britischen Schätzungen etwa 1,2 Milliarden Euro Umsatz pro Jahr. Eine lukrative Einnahmequelle für die international operierende Fischfangindustrie. Aber eine Bedrohung für die Lebenssituation der heimischen Fischer in der bitterarmen Region, die von Mauretanien im Norden bis Angola im Süden Westafrikas reicht.
"Wir bringen in einer Woche täglicher, harter Arbeit Fisch im Wert von zehn Euro nach Hause. Das ist nicht das Leben, das ich mir für meine Kinder vorstelle", sagt der Fischer Saliou N'Diaye zu einem Reporter der Nachrichtenagentur Reuters. "Es gibt hier einfach keine Fische mehr." Wo früher Tunfisch und Dorade zuhauf in die Netze der lokalen Fischer gingen, ernährt sich die Bevölkerung von Fisch. 75 Prozent der lebenswichtigen Proteine kommen in dieser Weltregion aus dem Meer.
"Direkte Auswirkungen"
Die Gewässer vor Cap Vert an der Elfenbeinküste, einstmals legendär reich in ihrem Fischbestand, bieten heute den Fischern nicht mehr genug Nahrung, weshalb sich diese nach Alternativen umsehen. Lokale Quellen berichten von einem massiven Anstieg der lebensgefährlichen Fluchtversuche per Boot, etwa in Richtung der Kanarischen Inseln oder der Küste Sizilien. "Piratenfischen hat sehr direkte Auswirkungen auf das Leben in einigen der ärmsten Länder der Welt", sagt Pepe Samba Diouf von World Wildlife Fund (WWF) in der senegalesischen Hauptstadt Dakar.
Dass dieses Phänomen in so großem Ausmaß Fuß fassen konnte, ist nach Ansicht von Beobachtern auch der unzureichenden Überwachung der Küstengebiete durch die Anrainerstaaten zuzuschreiben. "Das ist das größte Problem bei der Sache", sagt etwa Pepe Samba Diouf. Etwa 16 Milliarden Tonnen Seefisch werde illegal aus den Meeren geholt, ein Fünftel des Weltumschlags.
Länder bitten um Hilfe
Die EU pocht auf ihre eigenen Regeln, die für Fischereiflotten aus dem Unionsgebiet gelten. "Die Unternehmen müssen vollkommen transparent und korrekt gegenüber den speziellen Regeln handeln, denen sie aufgrund internationaler Verträge unterworfen sind", lässt das Brüsseler Kommissionsbüro für Fischerei ausrichten.
In Elfenbeinküste, einem der am stärksten betroffenen Anrainerstaaten, hofft man indes auf direkte Hilfe der europäischen und asiatischen Staaten, aus deren Häfen die meisten illegalen Trawler auslaufen. 30 Prozent weniger Fisch habe man im vergangenen Jahr gefangen, klagt man bei der lokalen Fischereibehörde. "Wir können unsere Gewässer nicht aus eigener Kraft lückenlos überwachen. Gegen diese Piraten bedarf es internationaler Zusammenarbeit." (Reuters/red, 22.6.2010)