Wien - Studenten sind heute Konsumenten, Behörden sind Dienstleister, und wer im Berufsleben erfolgreich sein will, muss an der "Marke Ich" arbeiten - die Sprache der Wirtschaft dringt immer weiter in das Alltagsleben vor. Damit werden allerdings nicht nur Begriffe aus der Wirtschaft entlehnt, sondern auch Denkmuster und Wertestrukturen, warnt Gerlinde Mautner von der Wirtschaftsuniversität (WU) in ihrem neuen Buch "Language and the Market Society".

Darin analysiert sie, wie Unis, öffentliche Verwaltung, Kirchen und zwischenmenschliche Beziehungen kommerziellen Grundsätzen "unterworfen" werden und fordert zu einem kritischen Umgang mit Wirtschaftssprache auf, so die WU in einer Aussendung. "Der Markt" regelt laut der Expertin für Fremdsprachliche Wirtschaftskommunikation nicht länger nur wirtschaftliche Austauschbeziehungen. Er ist für die gesamte Gesellschaft zu einem "scheinbar unentrinnbaren Dogma" geworden. So sei es mittlerweile sogar normal, wenn Kirchen sich mit "Walmart" und "Starbucks" vergleichen oder als "Jesus-AG" "gebrandet" werden.

"Kommerzialisierung der Sprache"

Mautner spürt dieser "Kommerzialisierung der Sprache" mit reichem Datenmaterial und unter Einsatz verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen nach. Ihre Ergebnisse, hofft die Wissenschafterin, sollen den Leser wachrütteln und zu einem bewussten und kritischen Umgang mit marktkonformer Sprache ermutigen.

Denn für Wirtschaftsunternehmen sei es zwar sinnvoll, sich auf Effizienz, Produktivität und Gewinn zu konzentrieren und die dazu passende Sprache zu sprechen. Die gleichen "Denk- und Sprachschablonen unreflektiert auf andere Bereiche umzulegen" ist für Mautner hingegen problematisch. Schließlich sei Sprache nicht nur Spiegel von sozialen Veränderungen, sondern auch ein Motor. "Will man also den Markt in seine Schranken verweisen, sollte man sich nicht unbedacht seiner Sprache bedienen." (APA)