Zwar keine Brent-Spar-ähnliche Besetzung, dafür ein bisschen ungewollter Aktionismus an der grünen Hausfassade gegen "die Ölmultis": Glawischnig und Brunner kämpfen mit ihrem Transparent.

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Wien - Zwei leere, pechschwarz bestrichene Ölfässer, auf denen die Mikros stehen, dahinter die Grünen-Chefin Eva Glawischnig mit ihrer Umweltsprecherin Christiane Brunner: Angesichts der Katastrophe im Golf von Mexiko - seit am 20. April die BP-Bohrinsel explodiert ist, schießen dort täglich Millionen Liter Rohöl ins Meer - starteten Österreichs Ökos am Dienstag eine Kampagne, mit der sie fossilen Energieträgern abschwören.

"Raus aus dem Öl!" , lautet der Schlachtruf der Grünen, der über den ganzen Sommer erklingen soll, vor allem in Wien, wo sie vor der Wahl mit Aktionen in den Bezirken auf ihr Anliegen aufmerksam machen wollen. Das Logo der Kampagne - ein umgestürztes Ölfass auf rot-gelbem Grund - gemahnt farblich wie formal verdächtig an die bewährten Anti-Atomkraft-Buttons aus den Siebzigern, die Botschaft dahinter ist jedoch komplexer. Analog zum russisch-ukrainischen Gasstreit fordern die Grünen - wie schon 2006 unter ihrem Slogan "Pellets statt Putin" -, dass hierzulande nicht länger auf den Ausbau und die Förderung fossiler Energien, sondern vielmehr auf Ökostrom wie Ökowärme gesetzt wird.

"Das Tschernobyl der Ölwirtschaft"

Denn: Nach wie vor heizen etwa zwei Drittel der Österreicher ihr Eigenheim mit nichterneuerbaren Energien. Daher wollen die Grünen die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP jetzt in die Pflicht nehmen. Beispiel Ölkessel: Im Vorjahr, kritisiert Glawischnig, habe es "einen exorbitanten Anstieg" im Verkauf gegeben, weil "die Öllobby und Förderindustrie" die Kessel "den Familien zum halben Preis beinahe geschenkt" hätten. Damit nicht genug, wurde die Verkaufsaktion auch noch von der Wirtschaftskammer beworben. Fazit: Nach einem kontinuierlichen Wachstum des Markts für Biomassekessel kam es 2009 zu einem Einbruch um 24 Prozent, obwohl der Preis für Pellets stabil geblieben sei, bemängelt die Grünen-Chefin, für die der BP-Unfall im Golf von Mexiko bereits "das Tschernobyl der Ölwirtschaft" ist. Und überhaupt: "Die Ölkonzerne gehen über Leichen, sie vernichten ganze Ökosysteme!"

Heute, Mittwoch, beschäftigen die Grünen schon einmal den Umweltausschuss im Nationalrat mit der Katastrophe samt ihrer Gegenkampagne. In einem Entschließungsantrag fordern sie die Koalition auf, Beteiligungen an internationalen Gas- und Ölpipeline-Projekten zu stoppen. Außerdem solle es keinen Neubau und keine Wiederinbetriebnahme von Kraftwerken mehr geben, die mit Öl, Gas oder Kohle betrieben werden. Und: Ein Baustopp für in Planung befindliche Autobahnen wie Schnellstraßen sei auch hoch an der Zeit. Denn: "Sieben Millionen Euro" fließen allein in solche Programme, kritisiert die grüne Umweltbeauftragte Brunner: "Ein Vielfaches von dem, was für die Ökostromförderung zur Verfügung gestellt wird." Dieses Missverhältnis will die Partei vor dem Budgetbeschluss im Herbst auch noch aufs Tapet bringen.

Entsprechende Aktionen

Zu guter Letzt entrollen Glawischnig und Brunner am Balkon des grünen Büros in der Löwelstraße ein Transparent. Während die beiden gegen den Wind ankämpfen, verspricht eine Mitarbeiterin auch noch entsprechende Aktionen im steirischen Wahlkampf. Weil: "Wenn schon Öl, dann nur Kernöl bitte!" (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, Printausgabe, 23.6.2010)