London/New Orleans - Die Ölpest im Golf von Mexiko könnte den Ölmulti BP nun sogar in Russland in die Bredouille bringen. Das Land forderte am Dienstag Klarheit darüber, welche Folgen das Desaster für die BP-Aktivitäten in Russland haben wird, zu denen auch das riesige Joint Venture TNK-BP gehört. "Wir wollen Garantien dafür bekommen, dass sie weiter funktionieren werden", erklärte der russische Botschafter in London, Juri Fedotow. Da ein Viertel des gesamten von BP geförderten Öls aus Russland komme, sei das Land sehr wichtig für den Konzern - umgekehrt sei der Konzern jedoch auch sehr wichtig für BP.

Die Aktivitäten in Russland sind zwar in der Tat extrem wichtig für BP, aber der Konzern hat in dem Land sehr gemischte Erfahrungen gemacht. Der britische Konzern stritt sich 2008 mit russischen Oligarchen so heftig über die Kontrolle des Joint Ventures, dass der damalige Chef des Tochterunternehmens Bob Dudley aus dem Land fliehen musste.

Die Erfahrungen aus diesem Kampf könnten für Dudley nun sehr nützlich sein: Er übernimmt die Führung bei der Bekämpfung der Ölpest von dem umstrittenen BP-Chef Tony Hayward. Hayward werde das Tagesgeschäft einer Einheit unter Bob Dudley überlassen, aber die Oberaufsicht behalten, sagte BP-Stabschef Steve Westwell auf einer Veranstaltung in London, an der eigentlich Hayward teilnehmen sollte. Westwell wurde mehrfach von Umweltschützern unterbrochen, die unter anderem ein mit schwarzer Farbe beflecktes BP-Logo schwenkten. Hayward hat sich bei der Bekämpfung der Ölpest schwere Patzer geleistet und steht deshalb massiv unter Druck - als möglicher Nachfolger wird auch Dudley gehandelt. Der Besuch einer Segelregatta am Wochenende hatte Hayward in den USA erneut schwere Kritik eingebracht.

Gemeinsames Vorgehen

Elf US-Bundesstaaten gehen nun gemeinsam gegen BP vor, um den Ölmulti für alle Kosten zur Rechenschaft zu ziehen. "Connecticut und ein Bündnis weiterer Staaten setzen BP und seine Partner offiziell davon in Kenntnis, dass wir nicht den Preis für ihr gewaltiges Versagen bezahlen werden", hieß es in einer Erklärung des Generalstaatsanwalts von Connecticut, Richard Blumenthal.

Die Stellungnahme wurde demnach auch Transocean, Halliburton und Cameron zugestellt, die an der versunkenen Bohrinsel mitgearbeitet haben. Beteiligt sind an der Initiative außer Connecticut Delaware, Georgia, Maine, Maryland, Massachusetts, New Hampshire, New York, North und South Carolina sowie Rhode Island.

Die Ölindustrie geht jedoch ebenfalls in die Offensive und zieht gegen ein vorübergehendes Verbot von Bohrungen im Meer vor Gericht. Mehr als ein Dutzend Dienstleister, die ihr Geld im Zusammenhang mit Offshore-Bohrungen verdienen, wollen das sechsmonatige Moratorium kippen, das Präsident Barack Obama im Zuge der Ölpest erlassen hat. Der Anwalt der klagenden Firmen, Carl Rosenblum, sagte: "Die unkontrollierte Machtbefugnis der Regierung hat die gesamte Industrie lahmgelegt". Es ist die erste Klage gegen das von Obama Ende Mai verhängte Moratorium, das zur Schließung von 33 Bohrinseln geführt hat. Obama will mit dem Moratorium verhindern, dass es zu weiteren Bohrplattform-Unfällen kommt, während eine Regierungskommission noch die Hintergründe der Explosion auf der "Deepwater Horizon" untersucht.

Die Ölpest hat sich zur größten Umweltkatastrophe der USA entwickelt und Flora, Fauna, den Tourismus sowie die Fischerei massiv beschädigt. Aus dem Leck am Grund des Golf von Mexikos strömen seit Wochen täglich bis zu 100.000 Barrel Öl, was rund 16 Millionen Litern entspricht. Die BP-Aktie setzte in London ihre Talfahrt fort und büßte erneut mehr als vier Prozent ein. (APA/Reuters)