Sehr viel ist es nicht, was Spaniens Ministerpräsident Zapatero zum Abschluss des EU-Vorsitzes an Ergebnissen vorlegen kann. Die Wahl der EU-Kommission ging nach langem Tauziehen im Februar doch noch erfolgreich über die Bühne. Aber dabei spielte nicht der Ministerrat, sondern das EU-Parlament die Hauptrolle, so wie es einzelne Kandidaten vorführte.

Darunter war auch die neue EU-Außenministerin Catherine Ashton. Die Britin hätte gemeinsam mit dem spanischen EU-Vorsitz schon im April das Riesenvorhaben der Schaffung eines neuen Auswärtigen Dienstes der Union (EAD) starten wollen. Aber außer einer "politischen Einigung" dazu - wieder mit dem EU-Parlament, das mit dem neuen EU-Vertrag deutlich erstarkt ist - liegt nicht viel vor.

Bleiben Schulden- und Eurokrise, die alles dominieren; die zu Jahresanfang mit Griechenland erstmals kritisch wurden und weiterwuchsen bis zum Beschluss des einmaligen "Rettungsschirmes" im Umfang von 750 Milliarden Euro für alle Länder der Währungsunion im Mai.

Dabei war der amtierende EU-Vorsitz wieder nur Zuschauer. Paris und Berlin gaben alles vor. Wie bei den meisten Themen der Währungs-, Finanz- und Wirtschaftspolitik haben die Staats- und Regierungschefs das Heft operativ in die Hand genommen. Seit September sind sie neunmal in Brüssel zusammengekommen. Koordiniert werden sie vom ständigen Ratspräsidenten Herman Van Rompuy, der sich linkisch und leise, aber auch listig - und vor allem fordernd - zum zentralen Spieler mausert.

Bleibt im laufenden Machtspiel die EU-Kommission unter Präsident José Manuel Barroso: Auch sie, die "Hüterin" der EU-Verträge, die jahrzehntelang das Monopol auf EU-Gesetzesinitiativen hatte, ist ins Hintertreffen geraten. So wie der EU-Vorsitz, der alle sechs Monate zwischen den EU-Staaten wechselt.

Das mag manchem als abgehobenes Spielchen von Institutionen und Staaten erscheinen, das nichts mit den Bürgern, wenig mit politischen Inhalten zu tun hat. Ob eine nationale Regierung im Vorsitz "die Hosen anhat" oder der Europäische Rat der Staats- und Regierungschefs, was soll's?

Es sollte alle EU-Bürger kümmern, denn der Ausgang des Machtwandels bei den EU-Institutionen wird darüber entscheiden, wie künftig EU-Politik gemacht wird, und welche. Spanien im Staatenvorsitz wurde überfahren. Einige Pflöcke sind bereits eingeschlagen: Die EU wird einerseits parlamentarischer, andererseits präsidialer.

Das Parlament in Straßburg scheint gewillt, die Macht-Möglichkeiten des Lissabon-Vertrages zu nützen. Das führte zu mehr Demokratisierung.

Den Gegenpol bilden die Staats- und Regierungschefs. Bisher war ihnen die Rolle zugeschrieben, die "großen politischen Linien" vorzugeben, alle drei Monate bei einem Gipfel. Nun greifen sie immer mehr direkt in Entscheidungen ein, drängen ihre Außen- und Finanzminister an den Rand.

Genau diese beiden "Schlüsselminister" aus den Ländern waren es aber, die im Vorsitz in den Räten die EU gelenkt und weiterentwickelt haben, die mit der Kommission die wichtigsten Entscheidungen auf den Weg brachten. Damit scheint es vorbei zu sein.

Spaniens EU-Vorsitz war der letzte nach "klassischem" Zuschnitt. Die folgende Ratspräsidentschaft von Belgien wird nicht viel mehr als ein "Hilfsorgan" für Van Rompuy sein. So entsteht langsam eine Regierung Europas. Wer wird sie kontrollieren? (Thomas Mayer/DER STANDARD, Printausgabe, 24.6.2010)