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Julia Gillard löst David Rudd ab und wird damit Australiens erstre Premierministerin.

Foto: Reuters/Tsikas

Canberra - Der australische Ministerpräsident Kevin Rudd ist in einer parteiinternen Revolte von seiner Stellvertreterin gestürzt worden. Der in ein Umfragetief abgestürzte Labor-Chef trat am Donnerstag zwölf Stunden nach dem überraschenden Vorstoß von Julia Gillard gar nicht mehr zu einer Neuwahl des Parteivorsitzenden an. Die 49-Jährige wurde auf einem Sonderparteitag zur neuen Parteichefin gewählt und wurde kurz darauf als Ministerpräsidentin vereidigt.

Die 48-jährige bisherige Vize-Ministerpräsidentin kündigte Wahlen in den kommenden Monaten an. Zudem reichte sie der verärgerten Bergbaubranche die Hand. Sie bot neue Verhandlungen über die umstrittene Gewinnsteuer für Rohstoffkonzerne an. Die Aktienkurse der Unternehmen BHP Billiton und Rio Tinto stiegen darauf um 1,6 beziehungsweise 1,9 Prozent. Der Machtwechsel wirkte sich aber auch auf die Umfragen positiv aus. Denen zufolge ist Labor wieder Favorit für die Wahlen, die höchstwahrscheinlich im Oktober stattfinden. Unbeliebt war die Führung zuletzt nicht nur wegen der umstrittenen Gewinnsteuer für die Bergbaubranche sondern auch wegen ihrer Politik in Klimafragen. Auch diesbezüglich kündigte Gillard einen Politikwechsel an.

Rudd an Streit über Emissionshandel und Extrasteuer für Bergbauindustrie gescheitert

Der Sturz eines weitgehend erfolgreichen Regierungschefs wenige Monate vor einer Parlamentswahl hat die australische Öffentlichkeit verblüfft. Rudd wurde 2007 von seiner Partei gefeiert, weil er sie nach elf Jahren aus der Opposition führte. Als erste Amtshandlung unterzeichnete er das Kyoto-Protokoll, beim Kopenhagener Klimagipfel spielte er eine wichtige Rolle. Doch in den letzten Wochen stürzte seine Popularität wegen eines Streits über Emissionshandel - seine Vorlagen scheiterten dreimal im Parlament - und eine Extrasteuer auf die hohen Gewinne australischer Bergbauindustrie ab.

Gillard stoppte als erste Amtshandlung eine Anzeigenkampagne der Regierung für die Steuer. Sie erfüllt damit wieder ein Versprechen ihrer Labor-Partei, kein Steuergeld für politische Werbung einzusetzen - was Rudd gebrochen hatte. Das größte Bergbauunternehmen der Welt, BHP-Billiton, stellte umgehend seine Gegenkampagne ein. "Ich habe den Bergbauunternehmen dieses Landes öffentlich gesagt, dass die Regierung ihre Tür öffnet und sie bittet, aufgeschlossen zu sein", sagte Gillard.

Gillard: Will mich weiter für Emissionshandel einsetzen

Die australische Bergbauindustrie macht mit Exporten nach China und Indien derzeit Riesengewinne, die Rudd mit einer Steuer abschöpfen wollte. Sie wehrte sich mit der Warnung, die neue Steuer werde Investitionen in den Bergbausektor verhindern und Arbeitsplätze kosten. Umfragen zeigten, dass die Steuerdebatte zunehmend die Chancen auf einen Labor-Wahlsieg bei der nächsten Wahl minderten. Die nächste Wahl muss vor oder am 16. April 2011 stattfinden.

Gillard kündigte an, dass sie sich weiter für einen Emissionshandel einsetzen wolle. Sie werde nach einem Konsensmodell dafür suchen, welchen Preis Schadstoffausstoß haben solle, sagte sie.

Rudd sagte dazu in seiner Abschiedsrede: "Ich bin stolz darauf, dass wir dreimal versucht haben, einen Emissionshandel durchs Parlament zu bringen, obwohl wir damit gescheitert sind." Er werde bei der nächsten Wahl antreten und habe die Absicht, der Regierung "in jeder Weise zu dienen, in der ich nützlich sein kann." Am Mittwoch hatte er noch erklärt, er nehme die Herausforderung Gillards an und wolle um sein Amt kämpfen. Bis Donnerstag hatte er aber offenbar gespürt, dass seine Machtbasis weggebrochen war.

Gillard und ihr neuer Stellvertreter, Wayne Swan, wurden am Donnerstag vereidigt. Swan soll Australien beim G-20-Gipfel am Wochenende in Kanada vertreten.

Gillard gehörte zum aus vier Kabinettsmitgliedern bestehenden inneren Kreis Rudds. Sie wurde in Wales geboren. Als sie vier Jahre alt war, wanderte ihre Familie nach Adelaide in Australien aus. Ihre Eltern entschieden sich wegen des Lungenleidens ihrer Tochter zu diesem Schritt, denn sie hofften auf Besserung durch das wärmere Klima. Gillard arbeitete erfolgreich als Anwältin. (APA/apn/Reuters)