Der russische Staatsmonopolist Gasprom hat der EU-Kommission mitgeteilt, dass er seinen Streit mit Weißrussland beigelegt hat. Minsk habe die Schulden in Höhe von 192 Millionen US-Dollar bezahlt. Auch Gasprom habe die offenen Transitgebühren in Höhe von 228 Millionen US-Dollar nach Minsk überwiesen. Russland habe seine Gaslieferungen wieder im vollen Umfang aufgenommen.

Ob damit der Streit zwischen den beiden Brüderstaaten aus der Welt ist, ist jedoch nicht so ganz sicher. Weißrussland hat Russland nämlich nicht 228 Millionen, sondern 260 Millionen US-Dollar für den Transit von russischem Gas nach Europa in Rechnung gestellt.

Vertrag vom Jänner

Die unterschiedlichen Auffassungen über die Höhe der Transitgebühren hängt nach der Ansicht von Gasprom-Sprecher Sergej Kuprijanow mit dem im Jänner geschlossenen Vertrag zusammen. Damals wurde ein Tarif von 1,45 US-Dollar pro 1000 Kubikmeter Gas auf 100 Kilometer vereinbart. Im Fall einer Fusion von Gasprom mit dem weißrussischen Pipelinebetreiber Beltransgas sollte dieser Tarif auf 1,74 US-Dollar steigen, aber nur unter der Prämisse eines gleichzeitig steigenden Großhandelszuschlags auf Gas. Da dieser Zuschlag nicht erhöht wurde, bezahlte Gasprom den niedrigeren Tarif. Gasprom hält 49 Prozent an Beltransgas.

In Weißrussland sieht man die Sache natürlich anders. Der weißrussische Vize-Premier Wladimir Semaschko erklärte die Differenz damit, dass Russland seit November 2009 "keinen Cent" für den Transit gezahlt habe. Außerdem betrage der Transittarif 1,88 US-Dollar.

Besondere Beziehungen

"Die Bezahlung des Transits soll entsprechend des Vertrages erfolgen", sagte der russische Premier Wladimir Putin. Gleichzeitig sollten mit den weißrussischen Partnern Verhandlungen geführt werden, um die Streitpunkte aus dem Weg zu räumen. Putin betonte die "besonderen Beziehungen" zu Weißrussland, das den niedrigsten Preis für russisches Gas zahle.

Die Beziehungen zwischen Russland und Weißrussland sind schon seit einiger Zeit zerrüttet. Der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko blockiert die von Russland initiierte Zollunion und fordert niedrigere Gaspreise sowie die Ausweitung von zollfreien Öllieferungen. "Lukaschenko ist ein äußerst gerissener Politiker. Russland ist sehr darauf bedacht, dass Weißrussland der Zollunion beitritt, und er nutzt diese Situation aus", sagt die Politologin Mascha Lipman vom Moskauer Carnegie-Zentrum. (Verena Diethelm aus Moskau)