In Bälde will Bandion-Ortner im Ministerium eine Arbeitsgruppe einrichten.

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Expertenmeinungen zu gemeinsamer Obsorge liegen weit auseinander

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Justizministerin Bandion-Ortner bleibt auch nach der parlamentarischen Enquete bei ihrer Meinung, gemeinsame Obsorge sei die bessere Lösung. Gegenargumente, die bei der Enquete vorgebracht wurden, konnten sie nicht überzeugen. Sie zeigte sich auch zuversichtlich, mit der SPÖ auf einen "gemeinsamen Nenner" zu kommen.

Arbeitsgruppe wird eingerichtet

Mit der von Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek angedachten "Abkühlphase" kann Bandion-Ortner wenig anfangen: Dies würde nichts bringen, da ja gerade in dieser Phase der Kampf um die Obsorge und damit ums Kind stattfinde. Die SPÖ trete ja auch für ein "Papa-Monat" und mehr Väterkarenz ein, warum sollte man die Väter dann nach einer Trennung wieder verstoßen, so die Justizministerin.

In Bälde will Bandion-Ortner im Ministerium eine Arbeitsgruppe zum Thema einrichten. Dort sollen nicht nur Experten aus dem Justizministerium, sondern auch andere nach einer Lösung suchen, um die Materie auf möglichst breiter Basis zu diskutieren. Der Arbeitsgruppe will die Justizministerin außerdem eine Frist setzen, denn die Debatte solle nicht jahrelang geführt werden, betonte sie.

Unterschiedliche Expertenmeinungen

Die zur parlamentarischen Enquete zum Familienrecht geladenen Experten sind unterschiedlicher Meinung, was die Sinnhaftigkeit einer automatischen gemeinsamen Obsorge nach einer Scheidung betrifft.

Vermittlungsstelle statt Gerichtsverhandlung

Für Doris Täubel-Weinreich, Obfrau der Fachgruppe Familienrecht der Richtervereinigung, stellt das Besuchsrecht eine wichtige Frage dar - die entsprechenden Verfahren seien derzeit "sehr frustrierend". Sie schlug eine dem Gericht vorgelagerte Vermittlungsstelle vor, wo mittels Mediation eine Lösung gesucht werden sollte. Obsorgeverfahren seien "scheußliche Verfahren", meinte sie außerdem. Die werde man sich zwar nie ersparen, man sollte aber schauen, dass es möglichst wenige davon gebe. Die gemeinsame Obsorge habe positive Auswirkungen gezeigt, weshalb sie diese auch bejahe - es müsse aber auch eine verpflichtende Elternberatung im Zuge der Scheidung geben, um manche Konflikte schon im Keim ersticken zu können, forderte die Richterin.

Kinderwohl muss oberste Priorität haben

Die Obsorge beider Elternteile solle nach einer Scheidung und auch nach einer Trennung von unverheirateten Paaren unabhängig einer Vereinbarung des hauptsächlichen Aufenthaltsortes des Kindes bestehen bleiben, meinte Susanne Ferrari vom Institut für Zivilrecht an der Karl-Franzens-Universität Graz. Das Kindeswohl müsse oberste Priorität haben, betonte sie. Bei unverheirateten Paaren, die ja derzeit eine gemeinsame Obsorge für ein Kind extra beantragen müssen, solle es zumindest ermöglicht werden, dass ein Elternteil einen Antrag auf gemeinsame Obsorge auch ohne die Zustimmung des anderen Elternteils stellen kann.

Grüne fordern Schlichtungsstelle

Die Grünen sprachen sich wieder gegen eine automatische gemeinsame Obsorge aus. Der Grünen-Abgeordnete Albert Steinhauser gab zu bedenken: "Es ist eine Illusion zu glauben, dass mit einer automatischen gemeinsamen Obsorge alle Probleme löst. Die Beziehungskonflikte bleiben weiter bestehen." Die Grünen regen an, dass eine dem Gericht vorgelagerte Schlichtungsstelle nach Lösungen suchen sollte. Erst in jenen Fällen, wo keine Lösung gefunden wird, soll das Gericht eine Entscheidung treffen. "Eine automatisch gesetzlich verordnete gemeinsame Obsorge kann nicht funktionieren, weil diese voraussetzt, dass es eine Einigung zwischen den Eltern gibt", so die Grünen-Abgeordnete Daniela Musiol.

FPÖ und BZÖ dafür

Den Freiheitlichen gefällt das deutsche Modell mit einer automatischen gemeinsamen Obsorge. "Es wäre nicht unklug, sich an der Bundesrepublik Deutschland ein Vorbild zu nehmen, weil dort offenkundig eine legistische Situation besteht, die sich bewährt hat", erklärte der Abgeordnete Peter Fichtenbauer. Er trat weiters "entschieden" für die zeitliche Beschränkung von Verfahren ein.

"Die gemeinsame Obsorge eignet sich nicht, um einen Geschlechterkampf austragen zu können. Am Schluss geht es immer zulasten der Kinder aus", stellte der stellvertretende BZÖ-Klubchef Ewald Stadler fest. Das Ende einer Beziehung solle nicht das Ende einer Vater-Kind Beziehung bedeuten. "Geben wir Vätern das Recht, Kontakt zu ihren Kindern zu halten, wenn sie das wollen", erklärte Robert Lugar.

Die SPÖ-Bundesfrauengeschäftsführerin Andrea Mautz hingegen sprach sich gegen eine Verpflichtung zur gemeinsamen Obsorge aus: "Harmonie kann nicht gesetzlich verordnet werden. (APA)