Graz - Die Grazer Sozialdemokraten schlittern in eine existenzielle Krise - angetrieben von einem Machtkampf zwischen der neuen Parteivorsitzenden Elke Edlinger und dem vor wenigen Tagen abgewählten, ehemaligen Parteichef Wolfgang Riedler.

Edlinger wollte am Mittwochabend einen Nachfolger für Riedlers Stadtratsposten beschließen lassen, fiel mit ihrem Kandidaten, einem Unternehmensberater, im Parteigremium aber durch. Eine Schlappe für die neue Parteichefin, die nun ihren "Erzfeind" , dem intern vorgeworfen wird, die Demontage von Edlingers Wunschkandidaten gemeinsam mit dem Landtagspräsidenten und "linken Ideologen" Kurt Flecker orchestriert zu haben, weiter an ihrer Seite hat. Dieser will nämlich nun auch weiterhin Stadtrat bleiben

In der nächtlichen Sitzung versuchte das Riedler-Lager noch einen Gegenvorschlag durchzubringen. Es sollte der Riedler-Vertraute und Landtagsabgeordnete und junge SPler Hannes Schwarz statt Riedler Stadtrat werden, Riedler im Gegenzug statt Schwarz in den Landtag einziehen. Das lehnte die Landes-SPÖ aber mit dem Hinweis auf "Postenschacher" ab.

So bleiben die beiden Kontrahenten, Edlinger und Riedler, die sich laut einem Sitzungsteilnehmer "nicht mehr in die Augen schauen können", vorerst gemeinsam in der Stadtregierung.

Eine ähnliche Situation hatte bereits vor Jahren den Niedergang der Grazer SPÖ eingeleitet. Langzeitbürgermeister Alfred Stingl hatte 1998 den Parteivorsitz an die damalige Stadträtin Tatjana Kaltenbeck übergeben, er selbst aber blieb als Bürgermeister im Amt und somit der eigentliche Parteichef. Kaltenbeck musste sich schließlich in einer Urabstimmung Walter Ferk stellen - sie verlor, blieb aber ebenfalls in der Stadtregierung. Nach Ferks desaströser letzten Wahl 2008, die die SPÖ unter 20 Prozent warf, kam Riedler. Seine Stadtratskollegin Edlinger bewarb sich aber jetzt, zwei Jahre später, um den Parteivorsitz. Sie wollte die Partei reformieren und ihr "ein neues Gesicht und mehr Tempo" verleihen. Ein führendes SP-Mitglied, das an der nächtlichen Krisensitzung teilnahm, zum Standard: "Jetzt haben die Bezirksvorsteherstellvertreter das Kommando übernommen."

Rauferei um Grünen Kogler

Ganz andere Sorgen plagen den Grünen-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl Werner Kogler. Er war in dieser Nacht der langen Messer in der SPÖ in eine tatsächliche Rauferei, die sich wegen rassistischer Äußerungen von Fußballfans in einer Public-Viewing-Arena in Graz entzündet hatte, verwickelt. Er wollte schlichten, ein Begleiter Koglers wurde verletzt, ein Täter festgenommen. (Walter Müller, DER STANDARD, Printausgabe, 25.6.2010)