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Der Dalai Lama gilt - wohl auch wegen seiner Sitzunterlagen - als eher weichherziger Zeitgenosse.

Foto: AP/Boris Roessler

Washington - Der Tastsinn ist der in der Wissenschaft vermutlich unterschätzteste der fünf Sinne. Das wollen drei US-Psychologen aus den Elite-Unis Harvard, Yale und MIT ändern. Sie warten nämlich mit einer Studie auf, die erstaunliche Auswirkungen haptischer Wahrnehmungen auf unsere Gefühle und soziale Interaktionen zeigt.

Für ihre Untersuchung, die heute im Wissenschaftsmagazin Science (Bd. 328, S. 1712) erscheint, haben sich die US-Forscher sechs mehr oder weniger raffinierte Experimentieranordnungen ausgedacht. Eine bestand darin, dass die studentischen Testpersonen entweder auf harten oder gepolsterten Stühlen Platz nehmen und über ein Geschäft verhandeln mussten.

Dabei zeigte sich, dass eine harte Sitzfläche auch bei Verhandlungen hart macht: Die Probanden, deren Allerwertester ungepolstert ruhte, stellten sich sehr viel unnachgiebiger an als ihre Kollegen auf weichen Sitzgelegenheiten. Die Forscher leiten aus dem Experiment auch gleich praktische Empfehlungen ab: Wer sich am Verhandlungstisch durchsetzen will und die Wahl hat, sollte sich auf den härtesten Stuhl in der Runde setzen. Ein weich gepolsterter Sitz dagegen besänftige das Gemüt, ist aber sonst eher von Nachteil.

Die Psychologen haben aber auch noch einige Dinge über das unterschätzte Wirken körperlicher Wahrnehmungen herausgefunden, die ebenfalls hohe Praxisrelevanz haben. Bei Vorstellungsgesprächen empfehlen sich zum Beispiel schwere Bewerbungsmappen.

Bei einem anderen Experiment zeigte sich nämlich, dass Probanden beim fiktiven Vorstellungsgespräch allein dadurch punkteten, dass ihre Unterlagen dem Interviewer schwer in der Hand lagen. Allein aufgrund der gewichtigen Unterlage wurden sie als ernstzunehmender und besser qualifiziert eingeschätzt.

Raues Puzzle stimmt negativ

Wie sehr Berührungen unsere Empfindungen unbewusst beeinflussen, zeigte sich schließlich auch bei einem Experiment mit zwei verschiedenen Puzzlespielen. Das eine hatte Teile mit harten und rauen Kanten, das andere mit glatten und abgerundeten. Nach dem Zusammensetzen hören die Versuchspersonen eine Erzählung. Und siehe da: Wer raue Teile in der Hand gehalten hatte, beschrieb den Inhalt der Geschichte später negativer als eine Testperson, die zuvor glatte Rundungen berührt hatte.

Ein letzter Tipp der Forscher: Sich auch genauer zu überlegen, wie man seinem Gegenüber die Hände schüttelt oder wie sich ein Wangenkuss anfühlen soll. (Klaus Taschwer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25. Juni 2010)