Graz - Die Grazer Sozialdemokraten nähern sich einer existenziellen Krise, angetrieben von einem Machtkampf zwischen der neuen Parteivorsitzenden Elke Edlinger und dem unlängst abgewählten Ex-Parteichef Wolfgang Riedler.

Edlinger wollte am Mittwochabend einen Nachfolger für Riedlers Stadtratsposten beschließen lassen, fiel mit ihrem Kandidaten, einem Unternehmensberater, im Parteigremium aber durch. Ihrem "Erzfeind" Riedler, der Stadtrat bleiben wollte, wird jetzt intern vorgeworfen, diese Schlappe für die neue Parteichefin mit dem Landtagspräsidenten und "linken Ideologen" Kurt Flecker orchestriert zu haben.

Nach einer Aussprache mit Landesparteichef Franz Voves gab Edlinger auf und legte den Parteivorsitz zurück, Stadträtin bleibt sie. In einer eilig einberufenen Pressekonferenz sprach der Landeshauptmann und SPÖ-Landeschef Donnerstagabend von "einer der traurigsten Stunden der Grazer SPÖ seit vielen Jahren" . Edlinger wie auch Riedler seien zuletzt nicht in der Lage gewesen, die Partei zu einen, daher hätten Schritte gesetzt werden müssen. Bis Herbst werde die gesamte Parteispitze in Graz ausgetauscht.

Klubchef Karl-Heinz Herper, der kurzfristig den Stadtratsposten von Riedler übernahm und am Donnerstagabend noch angelobt wurde, werde zumindest bis dahin Stadtrat bleiben, ebenso Edlinger als Sozialstadträtin. Dann aber werde es "eine gänzliche Erneuerung an allen Ecken" geben, kündigte Voves an.

Eine ähnliche Situation hatte vor Jahren den Niedergang der Stadtpartei eingeleitet. Langzeitbürgermeister Alfred Stingl hatte 1998 den Vorsitz an die damalige Stadträtin Tatjana Kaltenbeck übergeben, blieb aber Bürgermeister und eigentlicher Parteichef. Kaltenbeck musste sich in einer Urabstimmung Walter Ferk stellen und verlor, blieb aber ebenfalls in der Stadtregierung. Nach Ferks desaströser letzter Wahl 2008, die die SPÖ unter 20 Prozent warf, kam Riedler. Seine Stadtratskollegin Edlinger errang zwei Jahre später den Parteivorsitz. Ein führendes SP-Mitglied, das an der nächtlichen Krisensitzung teilnahm, zum Standard: "Jetzt haben die Bezirksvorsteherstellvertreter das Kommando übernommen."

Rauferei um Grünen Kogler

Ganz andere Sorgen plagen den Grünen-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl Werner Kogler. Er war in dieser Nacht der langen Messer in der SPÖ in eine tatsächliche Rauferei, die sich wegen rassistischer Äußerungen von Fußballfans in einer Public-Viewing-Arena in Graz entzündet hatte, verwickelt. Er wollte schlichten, ein Begleiter Koglers wurde verletzt, ein Täter festgenommen. (Walter Müller/DER STANDARD, Printausgabe, 25.6.2010)