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Wrabetz zur ORF-Futurezone: ""Tatsächlich reden wir von 0,9 Prozent des Gesamtangebots und ich garantiere, dass die wesentlichen und öffentlich-rechtlichen Anteile der Futurezone auch in Zukunft als sendungsbegleitende Inhalte zu finden sein werden."

Foto: APA/Schlager

ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz will bei der Besetzung der neuen Leitungsfunktionen bereits die künftigen Strukturen des ORF-Fernsehens vorbereiten. Wie er im APA-Interview sagte, werden die Hauptabteilungsleiter im TV ab 2012 ein anderes Gewicht in der Gesamtstruktur erhalten. Die tragende Rolle werden dann sogenannte "Channel Manager" für die beiden Kanäle ORF 1 und ORF 2 übernehmen.

Zur Frage, ob er selbst 2011 wieder für das Amt des Generaldirektors ins Rennen gehen wird, wollte Wrabetz nicht Stellung nehmen. "Nach den Meilensteinen, Abschluss des EU-Verfahrens, Abschluss des ORF-Gesetzes geht es darum, die Aufträge des Gesetzes umzusetzen und die neuen Rahmenbedingungen optimal für's Programm zu nutzen", so Wrabetz.

Die Überleitung für die neue Struktur mit zwei Kanalmanagern für ORF1 und 2 soll ab sofort mitgeplant werden. "Wenn man solche Änderungen vorhat, muss man auch mit bedenken, was die neue Struktur für die Redaktionen in den einzelnen Hauptabteilungen jetzt bedeutet, wo es Synergien gibt, wo es inhaltliche Überschneidungen gibt, wo Zusammenlegungen sinnvoll wären, etc. Sicher ist, dass es die gewachsene Struktur der Hauptabteilungen und die strikte Fokussierung auf einen Sendeplatz in dieser traditionellen Form ab 2012 im TV nicht mehr geben wird."

Eine "Art Matrixorganisation"

Für das Fernsehen will Wrabetz - ähnlich wie im ORF-Radio - eine "Art Matrixorganisation" umsetzen. Für eine neue Geschäftsführung, die laut neuem ORF-Gesetz vier statt sechs Direktoren vorsieht, wären für Wrabetz unterschiedliche Modelle denkbar. So könne man Informations- und Programmdirektion unter einer neuen Fernsehdirektion zusammenführen. Dieser wären dann die beiden Channel Manager unterstellt. Eine Vorstufe sieht Wrabetz in der Arbeitsgruppe zu ORF 1, die ja schon "ein virtueller Kanalmanager" sei. Anforderung für den Posten des "Channel Managers" ist für den ORF-General ein starkes Verständnis für Produkt und Zielgruppen. "ORF 1 soll künftig ein möglichst ebenso klares Profil haben wie zum Beispiel Ö3 im Radiobereich, auch wenn sich das natürlich im Fernsehen aufgrund vieler differierender Anforderungen nicht deckungsgleich zu 100 Prozent umsetzen lässt."

Die Entscheidung über die Leitung der TV-Magazine, bisher von Johannes Fischer verantwortet, will Wrabetz in den kommenden Wochen treffen. Präferenzen nannte er keine, etwa ob die als Favoritin der Bürgerlichen geltende Lisa Totzauer sich Chancen ausrechnen darf. "Da haben sich zehn Mitarbeiter beworben, davon fünf Frauen, die alle gut qualifiziert sind - ich nehme zu keinen einzelnen Personen öffentlich Stellung", erklärte Wrabetz. Für ihn sind "Personalentscheidungen rein interne Angelegenheiten, die vor der Bestellung keiner öffentlichen Erörterung bedürfen".

Grundsätzlich aber hält es der Generaldirektor für nicht zwingend notwendig, eine mögliche Bestellung nur auf einen Kandidaten mit "einschlägiger Magazin-Vergangenheit" einzugrenzen: "Es ist einerseits gut, wenn es jemand wäre, der Erfahrung hat, aber natürlich sollte auch immer wieder die Möglichkeiten in Betracht gezogen werden, dass jemand, der quer einsteigt, auch eine Bereicherung sein kann." So sei auch der heutige Informationsdirektor Elmar Oberhauser ein erfolgreicher Sportchef gewesen, ohne ursprünglich gestandener Sportjournalist gewesen zu sein.

Ebenfalls in den kommenden Wochen will der Generaldirektor die Besetzung der Ö1-Leitung entscheiden. Hier habe er Bettina Roither dazu animiert, sich nach Ablauf der Frist zu bewerben, sagte Wrabetz. Vorentscheidung sei dies aber keine, betonte er: "Ich habe gesagt, ich würde ihre Vorstellungen zu Ö1 gerne kennen lernen. Das ist das Interesse an den Vorstellungen einer führenden Kraft des Hauses und kein Präjudiz für einen ausgeschriebenen Posten."

Einmischungen von politischer Seite habe es rund um die anstehenden Postenbesetzungen nicht gegeben, auch nicht im Zuge des Tauziehens um das ORF-Gesetz.


Neues Maßnahmenpaket schon in nächsten Tagen 

ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz vermeint nach dem Beschluss des ORF-Gesetzes und der Rückkehr der ORF-Finanzen in die schwarzen Zahlen wieder "ein insgesamt positives Klima in Politik und Gesellschaft für den ORF" zu verspüren. Für Wrabetz ist die jüngste ORF-Gremiensitzung ein deutliches Indiz dafür: "Es ist zum Beispiel im Stiftungsrat derzeit so, dass fast alle Beschlüsse einstimmig gefasst werden konnten."

Dass das neue ORF-Gesetz ausgerechnet mit den Stimmen der betont ORF-kritischen FPÖ beschlossen worden ist, habe keinerlei personelle Deals zur Folge, betonte der ORF-Chef. "Die Parteien wollten tatsächlich einen starken, leistungsfähigen ORF. Und auch wenn es manche nicht glauben wollen: Auch ohne konkrete personelle Wünsche."

In der Gesetzwerdungsphase sei viel "Positives" durch die Landeshauptleute in die Debatte eingebracht worden. "Ich erinnere an die Landeshauptleutekonferenz unter dem Vorsitz von Landeshauptmann Dörfler, bei der sich alle für starke Landesstudios ausgesprochen haben. Das, und auch der Einsatz unserer Landesdirektoren, aber auch einiger meiner Geschäftsführungsmitglieder - hat sicherlich dazu beigetragen, dass das jetzt beschlossene ORF-Gesetz die Zukunftssicherung des ORF ermöglicht - vor allem bei Aufrechterhaltung seiner Leistungsbreite", so Wrabetz.

Darauf angesprochen, dass Onlinedirektor Thomas Prantner sich besonders um die Zustimmung der FPÖ bemüht habe, sagte Wrabetz. "Wir haben in den letzten Wochen gut und im Interesse des ORF zusammen gearbeitet - nicht zuletzt, weil der Onlinedirektor ja auch die Einschränkungen im Online-Bereich strategisch verarbeiten muss. Wie wir alle war auch der Onlinedirektor in vielen Überzeugungsgesprächen aktiv."

Bewerbung für weitere Funktionsperiode "derzeit kein Thema"

Auch die Achse zum als bürgerlich geltenden Finanzdirektor Richard Grasl habe rund um das ORF-Gesetz und die Finanzvorschau sehr gut funktioniert. "Wir hatten in dieser Phase ein ausgesprochen gutes Einvernehmen", attestierte Wrabetz. Ob er ihn Grasl einen möglichen Konkurrenten für die Generaldirektorenwahl im nächsten Jahr sieht? "Das hat mich bisher - so lange vor dem Ende der Periode - noch überhaupt nicht beschäftigt. Ich weiß aber aus eigener Erfahrung, dass man sich letztlich eine Kandidatur sehr gründlich überlegt und Richard Grasl macht als Kaufmännischer Direktor einen ausgezeichneten Job."

Zur Frage, ob er selbst Mitte 2011 bei der Wahl zum Generaldirektor wieder antreten wird (die Ausschreibung zur Wahl des Generaldirektors erfolgt mindestens sechs Monate vor Ablauf der Periode), wollte Wrabetz nicht Stellung nehmen. "Das ist derzeit kein Thema." Er werde eine diesbezügliche Entscheidung "zeitgerecht" treffen bzw. bekanntgeben.

Mittelfristig muss der ORF ein weiteres Budgetminus von rund 90 Millionen abwenden. Wrabetz bekräftigte, dass sich ab 2013 ohne Maßnahmen wieder ein Loch in den ORF-Finanzen auftun könnte. Auch mit dem neuen ORF-Gesetz und der damit verbundenen Gebührenrefundierung seien ohne weitere Maßnahmen zur Zukunftssicherung und nachhaltige Sparmaßnahmen längst nicht alle Probleme gelöst. Der ORF müsse "permanent" weiter an Strukturen und Kosten arbeiten. "Der Kaufmännische Direktor beginnt in meinem Auftrag bereits in den nächsten Tagen mit der Information an Betriebsräte und Budgetverantwortliche, wie er sich diese Maßnahmenpakete und in welcher Dimension vorstellt", so Wrabetz.

Über eine Verlängerung der Gebührenrefundierung über 2014 hinaus oder gar eine Erhöhung der Rundfunkgebühren, will Wrabetz nicht nachdenken, solange nicht alle internen Restrukturierungsmaßnahmen ergriffen und noch nicht einmal die "Tinte unter dem Gesetz trocken ist - jetzt werden wir zuerst einmal unsere Hausaufgaben erledigen und uns auch auf Programminnovationen, vor allem für ORF 1, konzentrieren".

Wrabetz zum Online-Bereich und der Futurezone

Die Einigungen mit den Zeitungsverlegern rund um das ORF-Gesetz hält Wrabetz für zufriedenstellend. "Im Online-Bereich haben viele Zeitungsverleger erkannt, dass eine Beschneidung des ORF nicht notwendigerweise den Zeitungsherausgebern nützt und dass es doch darum geht, gemeinsam den österreichischen Medienmarkt zu entwickeln." Ähnlich sei dies bei den Regionalkooperationen im Fernsehen zu beurteilen.

Dass die Bundesländerseiten auf ORF ON mit jeweils 80 Meldungen pro Woche limitiert sind, sieht der ORF-General nicht als Problem. Auch verfassungsmäßig werde dieser Passus halten. "Wenn die Bestimmungen von der Medienbehörde praktikabel angewendet werden, werden wir es ja nicht anfechten, und dann wüsste ich nicht, wer das sonst tun sollte." Und zur Futurezone: "Tatsächlich reden wir von 0,9 Prozent des Gesamtangebots und ich garantiere, dass die wesentlichen und öffentlich-rechtlichen Anteile der Futurezone auch in Zukunft als sendungsbegleitende Inhalte zu finden sein werden. Dem Gesetz entsprechend, werden wir aber den Kanal innerhalb der Frist schließen."

Den Unmut von manchen Teilen der Mitarbeiter versteht Wrabetz deshalb nicht: "Ich halte das Gesamtpaket insgesamt für eine vernünftige Regelung und einen ganz wichtigen Schritt zum Erhalt des ORF in seiner gesamten Leistungsbreite im Fernsehen, Radio, Landesstudios, Teletext und vor allem inklusive einem europaweit sehr herzeigbaren Online-Angebot und würde jedem, der daran seine Zweifel hat, einen Kurs in Europarecht und den Realitäten des europäischen Rundfunkwesens anraten."

Wrabetz zitiert einen ansonsten recht kritischen (nicht namentlich genannten) Mitarbeiter bei der Frage, wie er seine Erfolgsbilanz der vergangenen drei Jahre einschätze: "Unsere Rahmenbedingungen für die Verfahren auf EU und nationaler Ebene waren angesichts des gegen den ORF gerichteten sehr großen Interessensdrucks der Verleger, der Privatsender und Teilen der Politik noch nie so ungünstig, und dennoch ist das jetzt als Endergebnis auf dem Tisch liegende Ergebnis mehr als überraschend gut." (APA)