Jetzt sei es an Teheran, eine Antwort vorzulegen, sagte er zu Julia Raabe.
STANDARD: Der Uno-Sicherheitsrat hat neue Sanktionen gegen den Iran verhängt. Was bedeutet das für die Kooperation mit der IAEO?
Amano: Das weiß ich noch nicht. Es gibt keine offizielle Mitteilung vom Iran. Aber ich habe Medienberichte gelesen, wonach der Iran das Niveau der Zusammenarbeit im Falle neuer Sanktionen reduzieren wolle. Aber die Kontrollen (von Atomanlagen, Anm.) werden durchgeführt, und ich denke, der Iran wird das beibehalten.
STANDARD: Haben Sie inoffiziell Signale von Seiten des Iran, die Kooperation einzuschränken?
Amano: Ich habe Medienberichte darüber gelesen – das ist alles.
STANDARD: Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen den Sanktionen und der Tatsache, dass der Iran zwei Ihrer Atom-Inspektoren in dieser Woche die Einreise verweigert hat?
Amano:Das habe ich von der iranischen Seite jedenfalls nicht gehört. Wir haben im März und im Juni Berichte herausgegeben, der Iran erklärte, Teile davon seien falsch. Ich habe weiterhin volles Vertrauen in die Berichte unserer Inspektoren.
STANDARD: Die Türkei und Brasilien haben einen Kompromissvorschlag vorgelegt, um einen im Oktober gescheiterten Deal mit dem Iran doch noch möglich zu machen. Ziel ist die Anreicherung iranischen Urans im Ausland für Brennstäbe für einen iranischen Forschungsreaktor. Wie beurteilen Sie den Vorschlag?
Amano: USA, Frankreich und Russland (die laut ursprünglichem Vorschlag Partner des Iran bei dem Deal hätten sein sollen, Anm.) haben Briefe mit einigen Fragen geschrieben, die ich an den Iran übermittelt habe. Ich warte noch auf eine Antwort des Iran, ich erwarte, dass sie bald kommt, aber es gibt keine Frist. Es ist eine gute Gelegenheit, mit dem Iran zu sprechen und ich hoffe, dass der Iran positiv antwortet.
STANDARD: Der Brief war dem Vorschlag gegenüber kritisch.
Amano: Es waren hauptsächlich technische Fragen.
STANDARD: Unter welchen Bedigungen also ist ein Deal noch möglich?
Amano: Wir brauchen eine Antwort des Iran – dann müssen beide Seiten klären, ob sie noch Interesse an dem Vorschlag haben.
STANDARD: Glauben Sie, dass ein Abkommen noch möglich ist?
Amano: Das glaube ich, ja. Allerdings ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass es so aussehen wird, wie im Oktober vorgeschlagen. Anstatt das Uran nach Russland zu schaffen, will der Iran es in die Türkei bringen (wie im türkisch-brasilianischen Vorschlag vorgesehen, Anm.) – das ist bereits ein Unterschied zum Originalvorschlag.
STANDARD: Die Skeptiker des Deals argumentieren, dass sich die Ausgangsbedigungen geändert haben. Der Iran hat jetzt mehr und höher angereichertes Uran. Wo liegt für Sie der Wert eines Abkommens: Vertrauensbildung? Oder Zeit gewinnen für Verhandlungen, indem man einen Teil des Urans außer Landes bringt, damit Teheran es nicht militärisch verwenden kann?
Amano: Das Ziel ist für mich klar: dem Iran zu helfen, Brennstäbe für den Forschungsreaktor zu beschaffen. Mir ist wichtig, unparteiisch zu sein, meine Hilfe zur Verfügung zu stellen und dem Iran zu helfen, die Brennstäbe zu erhalten. Das wird von mir gemäß dem IAEO-Statut erwartet.
STANDARD: Bei Ihrem Amtsantrittt haben Sie gesagt, dass es keine Indizien für ein iranisches Nuklearwaffenprogramm gebe, jetzt sprechen Sie von einer möglichen militärischen Dimension.
Amano:Das war etwas unglücklich. Ich habe auf eine Pressefrage, ob ich zustimme, dass der Iran ein Nuklearwaffenprogramm betreibe, geantwortet, dass ich niemals ein solches Statement in einem offiziellen IAEO-Dokument gesehen habe. Hier sage ich dasselbe. Ich habe nie gesagt, dass der Iran eine Bedrohung sei oder ein Nuklearwaffenprogramm betreibe. Die Worte in meinen Berichten sind sorgfältig gewählt. Es gibt einige Aktivitäten, die eine militärische Dimension haben könnten, die wir klären möchten. Wir sind besorgt, aber wir wissen es nicht.
STANDARD: Im Vergleich zu früheren IAEO-Berichten sprechen Sie viel deutlicher über die Möglichkeit einer militärischen Dimension.
Amano: Diese Möglichkeit ist auch in früheren Berichten oft erwähnt worden. Ich bin neu, und es gibt viele neue Botschafter. Ich wollte die Berichte lesbarer machen. Das war mein bescheidenes Bemühen: sie lesbarer, verständlicher, klarer zu machen. (DER STANDARD, Printausgabe, 26.6.2010)