Wien - Die Erweiterung der Prüfkompetenzen des Rechnungshofes könnte trotz anfänglicher Skepsis der Opposition doch noch vor der Sommerpause beschlossen werden. Es gibt zwar noch keine Einigung mit der Opposition, deren Zustimmung für die Verfassungsmaterie notwendig ist, man sei aber "auf gutem Weg", hieß es auf APA-Anfrage von Seiten der Regierungsfraktionen. Springender Punkt ist die im aktuellen Entwurf der Koalition vorgesehene Einschränkung der Kontrolle bei Gemeindeverbänden. Die Oppositionsparteien verlangen die Rücknahme dieser Passage, sonst stimmen sie nicht zu. Tatsächlich dürfte diese Bestimmung wieder gestrichen werden.

Derzeit darf der Rechnungshof nur 24 von insgesamt 2.359 Gemeinden prüfen - eine Erweiterung wurde im Vorjahr im Abtausch für die Zustimmung der Opposition zur Lockerung des Bankgeheimnisses von der Koalition zugesagt. Nun soll die Grenze, ab der der RH prüfen darf, von 20.000 auf 10.000 Einwohner gesenkt werden, womit die Kontrollbehörde des Parlaments für insgesamt 71 Gemeinden zuständig wäre.

Die letzte Möglichkeit, sich vor dem Sommer noch zu einigen, ist ein Fünfparteien-Gespräch kommenden Freitag. Sollte dieses erfolgreich sein, könnte das Gesetz mit einem Sonder-Verfassungsausschuss noch vor dem Sommer durch das Parlament gebracht werden. Wenn das nicht der Fall ist, wird die Materie auf den Herbst verschoben, was aus Sicht der Verfassungssprecher von SPÖ und ÖVP, Peter Wittmann und Wilhelm Molterer, auch kein Problem wäre. Die Opposition befürchtet allerdings, dass die Koalition das Vorhaben verschleppen und schließlich überhaupt fallen lassen könnte.

Koalition will Einigung vor dem Sommer

Gegenüber der APA beteuerten Wittmann und Molterer, um eine Einigung noch vor dem Sommer bemüht zu sein. Wittmann kündigte bereits ein Entgegenkommen für die Opposition an: Die im ursprünglichen Entwurf vorgesehene Beschränkung der Kontrolle von Gemeindeverbänden wird wieder zurückgenommen. "Da gibt es einen Abänderungsantrag, das war nicht beabsichtigt", betont Wittmann, der von einem "Redaktionsversehen" spricht.

Derzeit dürfen Gemeinde-Zusammenschlüsse, etwa im Bereich Altersheime, Schulen, Standesämter oder Abwasseranlagen, unabhängig von der Gemeindegröße vom Rechnungshof geprüft werden. Im rot-schwarzen Entwurf ist diese Bestimmung ebenfalls mit einer 10.000-Einwohner-Grenze versehen, diese Einschränkung wird wohl wieder gestrichen.

Fünf-Parteien-Gespräche

Molterer formuliert es allerdings etwas vorsichtiger: Er sei "gesprächsbereit" und könne auch die Kritik des RH-Präsidenten an diesem Punkt verstehen. Ziel sei jedenfalls ein breiter Konsens, und dieser sei möglich. "Wir sind auf gutem Weg, aber es gibt noch keine Lösung", so Molterer. Für die Oppositionsparteien ist die Rücknahme dieser Einschränkung Voraussetzung für die Zustimmung. FPÖ, Grüne und BZÖ wünschen sich überhaupt eine weitergehende Kompetenzerweiterung ohne Einwohner-Grenze. An dieser will die Koalition jedoch festhalten.

Harald Vilimsky von der FPÖ begrüßt zwar die Senkung der Prüfgrenze von 20.000 auf 10.000 Einwohner, kann sich aber auch eine generelle Anlassprüfung ohne Einschränkungen vorstellen. Der Grüne Werner Kogler findet die Möglichkeit für Länder, Landesrechnungshöfe zweimal jährlich mit der Kontrolle einer größeren Gemeinde zu betrauen, problematisch. Denn damit könnten die Länder die schlechter organisierten und schlechter ausgestatteten Landesrechnungshöfe "in Stellung bringen", um bei Gemeinden über 10.000 Einwohner eine Prüfung durch den Bundesrechnungshof zu verhindern.

BZÖ-Chef Josef Bucher will anstatt der Einwohner- eine Budgetgrenze festlegen. Damit würden alle Gemeinden mit einem Haushaltsvolumen von über 10 Mio. Euro in die Kompetenz des Rechnungshofs fallen. Bucher befürchtet allerdings, dass die Koalition das Projekt wegen des Widerstands roter und schwarzer Bürgermeister zuerst verzögern und dann scheitern lassen könnte. Sollte das geschehen, droht Bucher mit weiteren Zweidrittel-Blockaden: "Mehrheitsbeschaffer sind wir keine mehr." (APA)