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Na dann, Prost! ODS-Chef Petr Necas freut sich über seine Ernennung zum neuen tschechischen Ministerpräsidenten. Staatspräsident Václav Klaus freut sich auch.

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Petr Necas wird tschechischer Ministerpräsident.

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Der Chef der liberalen Bürgerpartei ODS will die Koalitionsverhandlungen kommende Woche abschließen. Karl Schwarzenberg dürfte wieder Außenminister, Radek John könnte Finanzminister werden.

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Auf den Tag genau einen Monat nach den Wahlen zum tschechischen Abgeordnetenhaus hat Präsident Václav Klaus am Montag mit Petr Necas einen neuen Premier ernannt. Necas, der Vorsitzende der rechtsliberalen Demokratischen Bürgerpartei (ODS), strebt ein Bündnis mit zwei kleineren bürgerlichen Parteien an, der Top 09 des früheren Außenministers Karl Schwarzenberg und den "Öffentlichen Angelegenheiten" (VV), die vom Ex-Journalisten Radek John angeführt werden. Im Abgeordnetenhaus würde diese Koalition über eine Mehrheit von 118 der 200 Mandate verfügen. Die Sozialdemokraten, die stimmenstärkste Partei, haben angesichts der Mehrheitsverhältnisse im neuen Parlament schon früh auf den Versuch, eine Regierung zu bilden, verzichtet.

Da der 45-jährige Necas erst in den kommenden Tagen seine Regierungsmannschaft zusammenstellen wird und das Kabinett des scheidenden parteilosen Premiers Jan Fischer kommissarisch im Amt bleibt, wird Tschechien wieder für rund zwei Wochen von zwei Regierungschefs gleichzeitig regiert werden. Diese Zweigleisigkeit, die sich schon seit Jahren nach Wahlen wiederholt, sorgt seit langem für Kritik. In der Vergangenheit fand sich allerdings keine Mehrheit, die Verfassung diesbezüglich zu präzisieren.

Necas will die seit Wochen laufenden Koalitionsgespräche nächste Woche abschließen. Spätestens dann soll auch das Personaltableau stehen. Auch wenn die künftigen Koalitionspartner offiziell bekunden, über Inhalte zu verhandeln, wird hinter den Kulissen längst über die Aufteilung der Ressorts gestritten. Vor allem zwei Ministerien scheinen besonders heißt umkämpft: Das Innen- und das Finanzministerium. Diese aus der Sicht von Necas' ODS "strategischen" Ressorts will die größte Regierungspartei nicht kampflos den beiden kleineren Koalitionspartnern überlassen.

Das Innenministerium beansprucht die VV für ihren Vorsitzenden Radek John, um versprochene Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung umsetzen zu können. Eine Verhandlerin der "Öffentlichen Angelegenheiten" meinte zuletzt sogar, sollte John nicht Innenminister werden, würde ihre Partei der Regierung fernbleiben. Beim ebenfalls begehrten Finanzministerium gilt der frühere Finanzminister und Top-09-Politiker Miroslav Kalousek als heißester Anwärter. Hier versucht die ODS ihre Zustimmung für eine Rückkehr Kalouseks ins Amt durch die Ausgliederung wichtiger Zuständigkeiten und deren Unterstellung unter andere, von der ODS geführte Ressorts zu erkaufen. Das Außenministerium dürfte hingegen ziemlich sicher wieder an Karl Schwarzenberg gehen. Der frühere Vizepremier und Europaminister Alexander Vondra ist wiederum als Verteidigungsminister im Gespräch.

Inhaltlich will die künftige Regierungkoalition die öffentlichen Haushalte sanieren und plant auch Einschnitte im Sozialbereich. Bereits beschlossen ist die Einführung von Studiengebühren an Hochschulen mit einer Obergrenze von umgerechnet 400 Euro pro Semester, oder Lohnkürzungen im öffentlichen Dienst. Ebenfalls im Gespräch ist eine Anhebung der Ambulanzgebühr. (Robert Schuster aus Prag/DER STANDARD, Printausgabe, 29.6.2010)