Wien - Die Staatsholding ÖIAG ist im Kreuzfeuer gleich zweier ÖGB-Teilgewerkschaften. Die Postgewerkschaft hat am Dienstag zu einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung zum Thema Filialschließungen gerufen - und wurde von sämtlichen Kapitalvertretern ignoriert. Die Privatangestelltengewerkschaft wiederum attackierte die ÖIAG wegen deren Plan, neun Angestellte "ohne faire Lösung" auf die Straße zu setzen.

Die Postgewerkschafter hatten - auf umstrittener rechtlicher Basis - zu einer Sitzung des Kontrollgremiums gerufen - am Vorsitzenden des Aufsichtsrats, ÖIAG-Chef Peter Michaelis, vorbei. Michaelis, der keine Dringlichkeit dafür sah, berief die Sitzung nicht ein. Nach Lesart der Gewerkschaft ist daraufhin die Einberufung des Aufsichtsrats durch mehr als zwei einfache Mitglieder möglich, wenn sich der Vorsitzende weigert, eine Sitzung einzuberufen. Die vier Personalvertreter im Aufsichtsrat setzten daraufhin diesen Schritt.

Der oberste Postgewerkschafter Gerhard Fritz wartete aber vergeblich auf die von den Kapitalvertretern bestellten Aufsichtsräte. Das Fernbleiben von Michaelis & Co. sei "inakzeptabel, verantwortungslos und rechtlich bedenklich", wetterte Fritz danach. "Dieses unfassbare Vorgehen kann nicht ohne Konsequenzen bleiben." Die Belegschaftsvertreter wollen jetzt rechtliche Schritte gegen Michaelis bzw. die anderen Aufsichtsräte prüfen.

Statt dem Aufsichtsrat haben die Gewerkschafter gleich dem Vorstand ein eigenes Konzept gegen Filialschließungen übergeben, weil sie fürchten, dass speziell in den Landgemeinden überhaupt keine in Eigenregie betriebenen Postämter übrig bleiben werden. Bisher haben am Land 730 "Postpartner" - Greißler, Trafikanten - die Aufgaben von geschlossenen Postämtern übernommen. Außerhalb der Ballungsräume gibt es derzeit noch ungefähr die gleiche Anzahl an eigenen Filialen.

Zoff

In einem Interview mit dem "WirtschaftsBlatt" hatte Filialvorstand Herbert Götz wiederholt, dass von den rund 1.000 noch selbst betriebenen Filialen nur mehr 300 übrigbleiben könnten. Götz stellt in dem Interview in Abrede, dass das für die Bawag PSK gegen Provision betriebene Finanzdienstleistungsgeschäft durch die Ausdünnung der Filialen leidet. Die Bawag selbst reagiert mittlerweile freilich mit der Übernahme einstiger Postämter als Agenten-Filialen.

Zoff hat die ÖIAG bzw. deren Vorsitzender Michaelis aktuell auch mit der GPA, die sich für neun Angestellte der Staatsholding stark macht, die von der ÖIAG gekündigt wurden. Ein diesbezüglicher Arbeitsgerichtstermin ist am Dienstag vertagt worden. Die ÖIAG will 9 ihrer 24 Angestellten - unter ihnen drei Betriebsrätinnen - loswerden. Der stellvertretende GPA-Chef Karl Proyer hielt Michaelis am Dienstag vor, er beweise durch Auslagerungen von Aufgaben, dass die ÖIAG nicht mehr gewillt sei, ihren Aufgaben nachzukommen: "Das Maß ist voll." Die ÖIAG verhindere seit Monaten eine "faire Lösung" für ihre Angestellten.

SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer bezeichnete Michaelis als "rücktrittsreif": "Ein Mann, der jährlich 700.000 Euro abkassiert, den Sparstift nicht bei sich selbst, sondern bei Frauen mit besonderem Kündigungsschutz und Betriebsräten ansetzt und diese ohne jegliche Sozialpläne vor die Tür setzen will, disqualifiziert sich als Manager und Führungspersönlichkeit."

Mit der Verkleinerung ihres Beteiligungsportfolios haben sich die Arbeitsfelder der ÖIAG reduziert", verteidigte die Staatsholding ihr "Kapazitätsanpassungsprogramm", das sowohl Änderungen in der Organisationsstruktur als auch Personalmaßnahmen umfasse. Der Beschäftigtenstand werde von 24 auf 17 Mitarbeiter reduziert. Den betroffenen Personen sei jedenfalls sehr wohl ein Sozialplan vorgelegt worden, so die Staatsholding in einer Aussendung. "Ein Abschluss scheiterte jedoch an den überhöhten Forderungen des Betriebsrats". (APA)