Eine Frau raucht im Café Hawelka in der Wiener Innenstadt. Die Hawelkas wollen ihren Gästen weiterhin die Zigarette gönnen, ohne ihr Lokal durch eine Trennwand zu verschandeln.

Foto: Robert Newald

Die Wirte jammern, die Länder wollen keine Kontrolleure schicken. Dafür gehen die Rauchersheriffs auf die Pirsch.

Rauchgegerbt und verwinkelt war das Hawelka in der Wiener Dorotheergasse schon immer. Doch jetzt bahnt sich in dem traditionsreichen Café wegen genau dieser Eigenschaften ein Konflikt an: "Zu einem Kaffeehaus gehört Rauchen mit dazu!", sagt Seniorchef Günter Hawelka entschlossen, "und wo wollen Sie hier für einen Nichtraucherbereich abteilen? Da geht ja jedes Flair verloren."

Doch die Gäste weiter qualmen lassen, ohne eine Trennwand zu bauen, das geht auch im Hawelka ab 1. Juli 2010 nicht mehr. Dazu ist das Lokal zu groß – und die Bedingungen für eine Ausnahmebewilligung erfüllt es auch nicht. (siehe "Frage und Antwort" unten).

"Meine Söhne sind deshalb in die Bezirksvorstehung gegangen", sagt Günter Hawelka. Dort zeigt sich Bezirksvorsteherin Ursula Stenzel (VP) verständnisvoll, aber machtlos. "Mehr als ihnen raten, um Denkmalschutz anzusuchen, konnte ich nicht." Nachsatz: "Vielleicht ist ja etwas möglich. Ein Wiener Kaffeehaus ist immerhin eine Sehenswürdigkeit." Juniorchef Amir Hawelka hofft nun vor allem auf eines: "Dass wir beim Bundesdenkmalamt rasch einen Termin bekommen."

Ob im Hawelka am Donnerstag weitergepofelt wird, werden wohl die Gäste kontrollieren. Strafen müssen die Länder – die Stadt Wien hat aber bereits angekündigt, keine eigenen Kontrolleure zu entsenden, ebenso Salzburg und die Steiermark. Sicher unterwegs sein wird dafür Dietmar Erlacher, am ersten Juli gleich in St. Pölten.

Etwa 10.000 Verstöße haben Erlacher und seine Mitstreiter vom Verein Krebspatienten für Krebspatienten bereits bei den Bezirksämtern angezeigt. Unter den Beschuldigten: Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SP), den Erlacher auf dem Krebs-Charity-Ball dancer against cancer in der Hofburg im Nichtraucherbereich mit Zigarette erwischt haben will, Wiens Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch (SP), den Erlacher im Hütteldorfer Hallenbad rauchen sah, und der gesamte Innsbrucker Gemeinderat.

Ein Drittel weniger Umsatz

Mit seinen Einsätzen hat sich Erlacher nicht nur Freunde gemacht. Vratislav Krivak etwa hat einen Namen für Leute wie Erlacher, der nicht gedruckt werden darf. "Sie kommen zu mir, essen gut, trinken gut, und dann zeigen sie mich an", sagt er. Zweimal ist ihm das bereits passiert, einmal musste er 400 Euro Strafe zahlen.

Krivak ist Wirt des Lokals "Am Nordpol" in der Wiener Leopoldstadt. Seit zwei Monaten ist sein Lokal völlig rauchfrei. Das Ergebnis: "Ein Drittel weniger Umsatz." Zwar kämen immer noch gleich viele Gäste, aber die Nichtraucher würden weniger konsumieren. "Die teilen sich ein alkoholfreies Bier und essen ein Paar Frankfurter." Krivak hofft, dass auch die WM und das schlechte Wetter schuld sind an den niedrigeren Umsätzen. "Erst im Herbst werde ich dann wirklich sehen, wie die Auswirkungen sind."

Wie sie bei einem totalen Rauchverbot wären, glaubt die Wirtschaftskammer zu wissen: "2000 Lokale müssten dann zusperren, 12.000 Arbeitsplätze wären weg", sagt Helmut Hinterleitner, Obmann der Sparte Gastronomie. "Das Gesetz ist ein Kompromiss, unsere zentrale Forderung – kein generelles Rauchverbot – wurde erfüllt. Wir erwarten, dass sich alle Betriebe an die Regeln halten."

"Die Österreicher sind leider ein Rauchervolk", sagt Sigrid Rosenberger, Sprecherin von Gesundheitsminister Alois Stöger. Außerdem: "Das ist keine Lex Stöger, das ist ein Gesetz Kdolsky", verweist sie auf Stögers Vorgängerin, die die Regel vorbereitete. Ginge es nach dem Minister, gäbe es ein totales Rauchverbot – dafür gibt es in Österreich aber keine Mehrheit. Die Kritik, das Gesetz sei schwammig formuliert – etwa was ein "Hauptraum" und was ein "Verabreichungsplatz" ist – , weist sie zurück: "Beim Großteil der Lokale ist das eindeutig." (Irene Brickner, Tobias Müller/DER STANDARD-Printausgabe, 29.6.2010)