Auersthal - Am vergangenen Sonntag hängen die Erwartungen eines manchen Landwirts. Dieser stand ganz im Zeichen des Siebenschläfers und bestimmt, wie es die Bauernregel will, das Wetter der kommenden sieben Wochen. Er wolle ja eigentlich nicht über die Witterung reden, sie habe den Landwirten aber heuer viel abverlangt, sagt der Landwirtschaftskammerpräsident Gerhard Wlodkowski, vor allem Spezialkulturen vom Spargel bis zu Kirschen hätten gelitten.

Das feuchtkalte Wetter hält die Bauern seit Wochen auf Trab, alles in allem hat es bisher aber weit weniger Spuren hinterlassen als befürchtet. Rund fünf Millionen Tonnen Getreide und Mais wollen die Österreicher heuer einfahren. Das ist um vier Prozent mehr als im Vorjahr und zum dritten Mal in Folge eine Rekordernte. Leidlicher ist es um die Qualität bestellt, der viele Regen macht Premiumware knapper - viele Mühlen haben sich daher im Vorfeld mit höheren Qualitäten aus der Vorjahresernte eingedeckt. Der Mais erlaubt noch keine Prognosen.

An Menge fehlt es in Europa jedenfalls nicht. Starke Überschüsse drückten die Erträge der Landwirte im Vorjahr um bis zu einem Viertel. Seither haben sich die Rekordlagerbestände wieder auf ein normales Maß reduziert, sagt der Vorstandsdirektor der RWA, Rein-hard Wolf. "Wir hatten die größte Getreidemenge der Geschichte zu vermarkten." Es sei gut gelungen, in Österreich auch dank neuer Exportmärkte in Südosteuropa.

Der schwächere Euro habe sein übriges dazu getan. Heuer dürften sich Angebot und Nachfrage international wie in Österreich weitgehend die Waage halten, ist auch Franz Stefan Hautzinger als Präsident der burgenländischen Kammer überzeugt. Der Druck auf die Preise lasse nach, Grund für Euphorie für die Bauern gebe es freilich keinen. Generell dürfte die Preisschere zwischen den guten und schlechten Getreidequalitäten bald weit auseinander klaffen.

Mais wird von Jahr zu Jahr mehr angebaut. Bei Weizen nehmen die Flächen nur langsam zu. In jedem Fall zu viel am Markt gibt es nach Ansicht der Agrarexperten an Bioware. Mittlerweile liegt der Anteil an biologischen Flächen bei gut einem Fünftel des gesamten Getreideanbaus. Heuer sollen es erneut um knapp fünf Prozent mehr werden. Doch der Bedarf an den Biokörndln hinke hinterher. Die Folge sei eklatanter Überschuss.

Zu viel Bio am Markt

Zu spüren bekommen das die Bauern bei den Erträgen. Sie fallen derzeit um die von der Agentur für Biogetreide zugesicherten Mindestpreise für die Ernte 2009 um. Der größte Vermarkter in der Branche kämpft mit Übermengen aus vergangenen Ernten und damit um seinen Fortbestand, ließ er die Bauern vor kurzem über einen Brief wissen. Unter Druck sei man zudem durch Billig-Preisangebote der Mitbewerber gekommen. Dem Vernehmen nach müssen auch Vertragsbauern der Rewe mit weniger als zugesichert auskommen.

Die Situation am Markt für Biogetreide sei dramatisch, sagt Hermann Schultes, Präsident der niederösterreichischen Kammer. Es gebe Verträge, und diese müssten eingehalten werden, meint Hautzinger. Es sollen jetzt Strategien entwickelt werden, wie die betroffenen Biobauern doch noch zu ihrem Geld kommen. Als einen Fehler in der Beratung sieht Wlodkowski diese Turbulenzen nicht: Der Markt werde das regulieren.

Überzeugt sind die Agrarvertreter von der Strategie Österreichs, auch Treibstoff und Eiweißfutter aus der eigenen Landwirtschaft zu produzieren. Dieser Weg diene als ein Regulativ für härtere Zeiten, so ihr einhelliger Tenor. (vk, DER STANDARD, Printausgabe, 30.6.2010)