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Schwedische Soldaten stehen vor dem Königspalast in Stockholm Spalier.

Foto: REUTERS/Bob Strong

An die vier Millionen Schweden haben im 20. Jahrhundert ihre Pflicht fürs Vaterland geleistet - ohne nur einen Schuss auf einen Feind abgegeben zu haben. Mit heutigem Donnerstag soll die Wehrpflicht in Schweden enden, ab nun sollen nur noch Freiwillige zur Armee. Bisher mussten junge Männer im Durchschnitt elf Monate lang ihren „Lumpen" ableisten, wie der Wehrdienst von den schwedischen Jugendlichen fast liebevoll genannt wurde. Mit abgeschafft wird auch der verpflichtende Zivildienst.
Im Kriegsfall könnte die Regierung die laut dem neuen Gesetz formell nur „ruhend gestellte" Wehrpflicht zwar wieder einführen. Doch das neutrale Schweden hat seit 200 Jahren keinen Krieg mehr geführt. Lediglich zu Friedensmissionen der Uno in Afghanistan, Liberia und am Balkan trägt Schweden bei.

Die Armeeführung rechnet mit einem jährlichen Bedarf von 6000 „Angestellten", wie die Berufssoldaten mit einer gewissen Prise Verharmlosung offiziell heißen. Die bürgerliche Regierung Schwedens hatte im vergangenen Jahr aus Budgeträson eine massive Verkleinerung der Armee und den Wechsel zu einem Berufsheer beschlossen.

Formular statt Wehrdienst

In Friedenszeiten muss künftig also kein Schwede mehr den typischen, grobscheckigen Tarnanzug der Armee tragen und auch sonst nicht zur „Totalförsvaret" („Totale Verteidigung") des Landes beitragen. Die einzige Pflicht, die den 18-jährigen Schweden auferlegt bleibt, ist das Ausfüllen eines Eignungsformulars via Internet. Die darin enthaltenen Fragen zu Gesundheit, körperlicher Leistung, Interessen und schulischer Ausbildung bilden die Basis für mögliche Einberufungen im Krieg.

Im Fall einer Mobilmachung im Krieg sollen künftig Männer und Frauen gleichermaßen betroffen sein. Schon bisher sind ein Drittel aller Soldaten Frauen. Auch verpflichten sich schwedische Soldaten künftig automatisch zu einem möglichen Einsatz im Ausland.
Die Armeeführung will neben einer höheren Frauenquote künftig auch mehr Migranten anwerben. „Wir wollen Leute, die eine spannende Entwicklung durchmachen wollen und sich an neue Erfahrungen herantrauen", warb ein Armeesprecher. (Andreas Stangl aus Stockholm, DER STANDARD, Printausgabe, 1.7.2010)