Brüssel - Zwei Wochen nach den vorgezogenen Bundeswahlen, die mit einem überraschend hohen Sieg der Partei der flämischen Nationalisten unter ihrem Chef Bart De Wever endeten, steigt in Belgien die Spannung. In den kommenden Tagen könnte sich entscheiden, wie es bei der Regierungsbildung weitergeht. Die ist nach dem Scheitern des christdemokratischen Premierministers Yves Leterme aufgrund weiterer Zersplitterung der Parteienlandschaft nach dem 13. Juni nicht leichter geworden.
De Wever war von König Albert II., der bei der Findung der neuen Regierung - ähnlich wie der Bundespräsident in Österreich - eine Hauptrolle spielt, mit der Sondierung beauftragt worden. Traditionell bespricht sich der "informateur" mit allen wesentlichen politischen Kräften des Landes, um dem König dann einen Vorschlag zur Bildung einer Koalition zu machen. Dieser Vorgang dauert in der Regel viele Wochen, gar Monate.
Der Chef der Neuen Flämischen Allianz, De Wever, hat aber bereits angekündigt, dass er maximal bis zur zweiten Juli-Woche informell Gespräche führen will, und notfalls den Auftrag des Königs zurücklegen würde.
Keine Rassisten
Mittwoch traf er die Chefs der Gewerkschaften. Zum Wochenende wird De Wever neuerlich mit den Parteichefs, die für eine Koalition in Frage kommen, sprechen. Der rechtsextreme Vlaams Belang, den De Wever wegen Rassismus ablehnt, und der Anführer einer Namensliste, der auch ins Parlament einzog, werden ausgelassen.
Möglicherweise kann Bart De Wever am Wochenende seine Vorstellungen von einer neuen Regierungsform präsentieren. Der König würde dann den nächsten Premierminister als "formateur" , als Bildner der Regierung berufen. Die größten Chancen werden nach wie vor dem wallonischen Sozialistenchef Elio di Rupo zugerechnet, der in der Südprovinz ähnlich erfolgreich war wie De Wever im Norden in Flandern. Er könnte im Kompromiss von allen Parteien akzeptiert werden. (tom/DER STANDARD, Printausgabe, 1.7.2010)