Beton, auch einmal positiv besetzt: Bauhaus-Gebäude in Tel Aviv sprüht Christoph Weber hier mit Wasser auf Zement.

 

Foto: M. Wörgötter

Weber knüpft daran die Geschichte der israelischen Mauer. Ein Konflikt in Beton.

Wien - "In-Wall Drawings" nannte Christoph Webers seine 2004 in die Wände der Pariser Galerie Jocelyn Wolff geschnittenen architektonischen Skizzen. Um in Klammern zu ergänzen: "Schlitzungen". Weber, 1974 in Wien geboren, bezog sich damit auf den Akt des Planens und Entwerfens, den er mit dieser zerstörerischen Geste konterkarierte und damit auch der repräsentativen Funktion der Galerie zu Leibe rückte.

Auch in den neuesten Arbeiten Webers, der von sich selbst sagt, er sei kein klassischer Konzeptkünstler, sondern nütze das Wissen um "Klassiker" wie etwa Dan Graham, Richard Serra oder Robert Smithson mehr als künstlerisches Vokabular denn als Referenz, taucht dieses Schneiden und Verletzen von "konstruktiven" Baumaterialien auf: Weber zeichnet, indem er die glatte Schicht des Betons wegkratzt (Reihe der Petroglyphen) oder in weichen Ton ritzt (Tonzeichnungen). Die aktuellen Arbeiten sind aber weit über das formale "Abarbeiten" hinaus stark symbolisch und narrativ aufgeladen.

Aspekte der Dekonstruktion und Aggressivität verbindet Weber inhaltlich mit den die palästinensische Gebiete abtrennenden israelischen Sperranlagen; er manifestiert den Konflikt in Form der Betonmauer. Deren Silhouette lässt er etwa in einer dem Steinwurf verwandten, also aggressiven Geste entstehen: Er schleudert Ton an die Wand. Die Kratzungen und Ritzungen zeigen hingegen Menschen vor der Betonbarriere, Anschläge, Militäroperationen.

Neben den zweiteiligen Betonobjekten, die scheinbar in einem Guss entstanden sind, aber eine schmerzlich aufgerissene Fuge aufweisen, ist eine sehr fragile Arbeit aus demselben Werkstoff zu sehen: Ein Gemisch aus Zement und Sand hat er direkt am Galerieboden mit Wasser übergossen und so zum Teil abgebunden. Unfreiwillig wird ein Fehltritt bei der Eröffnung der Ausstellung zur inhaltlichen Ergänzung: Der Fußabdruck zeichnet sich im nur oberflächlich verdichteten Material als weitere Spur der Aggression ab. (Anne Katrin Feßler / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 1.7.2010)