Super Mario Galaxy 2 (Nintendo) ist für Wii erschienen.

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Wer die vergangenen Jahrzehnte auch nur sporadisch in den Genuss digitaler Unterhaltungsmedien gekommen ist, wird sich den weiten, zutraulichen Augen des ruhelosen Installateurs "Super Mario" nicht entzogen haben können. Er ist unbestritten der bekannteste und erfolgreichste Videospielheld aller Zeiten und mit seinen tatsächlich unzähligen Auftritten in ebenso unzähligen Bildschrimspektakeln scheint sich darüber keiner so bewusst zu sein, wie Herausgeber Nintendo selbst. Unvergessen sind die Auftritte in "Super Mario Bros." (1985) auf dem NES oder in "Super Mario Land" (1989) auf dem Gameboy genauso wie die Premiere in 3D auf dem N64 mit "Super Mario 64" (1996). Letztere Iteration hat den Fans der Serie eine neue Dimension offenbart und Mario von seinen Spieldesign-Wurzeln emanzipiert. Und während mit "New Super Mario Bros. for Wii" die Tradition des 2D-Jump'n'Runs selbst 2009 noch aufrecht erhalten wurde, hat der dreidimensionale Zugang dem Herrn im Overall eine ungleich reichere Fantasiewelt eröffnet, dessen Grenzenlosigkeit im Genie des Erfinders Shigeru Miyamoto begründet ist.

Fantastischer und fantasieloser denn je

So inspirierend Marios Abenteuer und so perfekt deren Umsetzung auch sein mögen - wer die vergangenen Jahrzehnte auch nur etwas regelmäßiger mit dem Genuss digitaler Unterhaltungsmedien zugebracht hat, weiß weshalb man Super Mario trotz seiner Größe die meiste Zeit getrost ignorieren kann. Denn Nintendos Maskottchen und Aushängeschild verkörpert neben wochenlangem Spielspaß auch viele Aspekte, die neugierige Spieler verabscheuen. Mario sieht seit drei Jahrzehnten gleich aus, seine Frisur hat sich ebenso wenig verändert wie seine Feinde und Freunde, die ihn umgeben. Den Gesetzen der Zeit widersprechend eilt er noch immer seiner jung entführten Prinzessin nach und sieht sich am Ende den immer gleichen Bösewichten gegenübergestellt. So sehr sich die Schöpfer auch bemühen - irgendwie ist ein Super Mario wie jedes andere Super Mario: Eh super.

Perfektion einer Spielewelt

Angenommen man ist genau aus diesen Gründen seit 10 Jahren in kein Klempner-Outfit geschlüpft, lohnt es sich zur Auffrischung in die Weiten von "Super Mario Galaxy 2" einzutauchen. Mit dem zweiten Teil der Galaxy-Serie hat Miyamoto und dessen Team die dreidimensionale Interpretation des Wunderlands perfektioniert. Müßig ist die Diskussion über Inhalte, aber spielerisch wird hier das Konzept eines wandelbaren Spielcharakters auf die Spitze getrieben. Mario bereist das Universum, um auf den Schultern des zurückgekehrten Drachens Yoshi über Wiesen im Weltall zu hüpfen, stampfende Riesenschwammerln zu schlucken und wie Feuerbälle torkelnden Bomben ins Gesicht zu spucken. Wahlweise auch als Bruder Luigi überwindet man die Schwerkraft, um Kopf über Lavaschluchten zu überspringen oder auf selbst geschaffenen Wolken Schiffe über der Atmosphäre einer fremden Erde zu entern - mal in 3D, mal in 2D. Zum lebenden Bohrer verwandelt, wird die Rotationsdynamik eines rasenden Himmelskörpers untergraben oder man taucht in die Tiefen eines Götterspeisenmeeres und tappst behutsam wie Indiana Jones auf unsichtbaren, sich selbst auflösenden Brücken auf dem Pfad in die Unmöglichkeit und wird, um die Dunkelheit zu vertreiben am besten selbst zu einer Glühbirne.

Fazit

Wer noch nie ein Videospiel erlebt hat, wird vermutlich genauso überrascht, begeistert und überfordert zugleich von der Fülle an absurden Fantasien in "Super Mario Galaxy 2" sein. Für Wegbegleiter der Serie ist es die Perfektion einer unübersehbar in die Jahre gekommenen Schöpfung. Doch von den drei "Super Mario"-Werken (2D und 3D), die jeder Jump'n'Run-Fan ausprobiert haben sollte, ist "SMG2" nicht bloß der aktuellste Meilenstein, sondern wohl auch die letzte notwendige große Auffrischung für die kommenden Jahre. Wer den ersten Teil bereits gespielt und immer noch nicht genug hat, bekommt eine Fortsetzung, die keine Wünsche offen lässt. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 4.7.2010)