Vom Griff in die Handkasse bis zum Diebstahl von Daten. Jedes fünfte heimische Unternehmen war bereits Opfer von kriminellen Handlungen.

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Von kriminellen Delikten war laut einer Studie bereits jedes fünfte große heimische Unternehmen betroffen. Gepaart mit den Wirtschaftsskandalen der vergangenen Jahre werfe das ein schlechtes Bild auf den Standort.

Graz – Jedes fünfte Großunternehmen in Österreich war in den vergangenen fünf bis zehn Jahren schon zumindest einmal Opfer von wirtschaftskriminellen Delikten wie Bestechung, Korruption, Geldwäsche oder Unterschlagung. Zu diesem Ergebnis kommt eine bundesweite Befragung führender Manager in 200 privaten, börsennotierten und öffentlichen Unternehmen – mit mehr als 250 Mitarbeitern – die der Krisenkompass, ein Institut für Krisenmanagement und Krisenkommunikation, durchgeführt hat.

Eine besondere Relevanz hat die Wirtschaftskriminalität demnach in Banken und Versicherungen. 55 Prozent aller dokumentierten Fälle wurde nämlich in diesen beiden Branchen registriert. Betroffen war aber auch jedes fünfte Handelsunternehmen und jeder sechste Betrieb im Industrie und Gewerbesektor. Kaum eine Rolle spielt Wirtschaftskriminalität hingegen in Unternehmen aus den Bereichen Consulting, Tourismus oder Transport

Die Täter kamen in drei von vier Fällen aus dem eigenen Unternehmen. Es waren vorwiegend Angestellte ohne Führungsfunktion. Nur rund sechs Prozent kamen aus höheren Managementebenen. In jedem fünfte Fall wurden Kunden als Täter identifiziert, in jedem achten Fall waren es Geschäftspartner.

Unterschlagung und Untreue

In welcher Form wurden die Unternehmen geschädigt? In erster Linie ging es um Unterschlagung von Firmeneigentum, um Diebstahl. Das gaben 57 Prozent der befragten Topmanager an. In jedem dritten Fall handelte es sich um Untreue. Die Unternehmen wurden aber auch Opfer von Betriebsspionage, Datenveruntreuung, Preisabsprachen und Unterschriftenfälschungen.

Die Mehrheit der befragten Repräsentanten der Führungsetagen der Unternehmen sind der Ansicht, dass die momentanen Antikorruptions-Bestimmungen nicht ausreichen, knapp 60 Prozent befürchten aufgrund der eigenen Erfahrungen, dass sich das Problem der Wirtschaftskriminalität in den nächsten Jahren weiter verschärfen wird.

Ein weitere negative Effekt, den die Wirtschaftskriminalität hat: Die Wirtschaftsskandale der vergangenen Zeit würden das Image des Standortes Österreich schwer beschädigen. Das geben zumindest fast 60 Prozent der Befragten in der Studie an.

"Die Studie zeigt ganz deutlich, dass sich der Großteil der österreichischen Unternehmen noch zu wenig mit Wirtschaftskriminalität auseinandersetzt", sagt Martin Zechner, Leiter des Instituts für Krisenmanagement im Gespräch mit dem Standard. Zudem werde noch wenig Wert auf eine gewisse Frühwarnung und -erkennung gelegt. "Bedenklich ist natürlich, dass die Skandale der vergangenen Zeit nach Ansicht der Groß- unternehmen dem Image des Standortes Österreich beträchtlich schaden", hält Zechner fest. (Walter Müller, DER STANDARD, Printausgabe, 5.7.2010)