Rotterdam - Aus der Not eine Tugend gemacht? Eine zumindest originelle Idee, wozu die gewaltigen Massen an Plastikabfällen, die im "Great Pacific Garbage Patch" treiben, gut sein könnten, hat das holländische Architektenteam WHIM unter der Leitung von Ramon Knoester: Sie denken daran, aus dem Abfall eine riesige schwimmende Insel zu bauen. Material für "Recycled Island" gäbe es jedenfalls genug: Schätzungen zufolge treiben schon über 100 Millionen Tonnen Plastikabfälle im nordpazifischen Müllstrudel.

"Ursprünglich hat Recycled Island nur als Konzept begonnen", erklärt Knoester. "Wir wollten zunächst herausfinden, ob es überhaupt möglich ist, so etwas zu realisieren." Das Ergebnis ist bereits auf reges Interesse gestoßen, daher arbeiten die Architekten nun an der Erstellung eines Prototyps, der voraussichtlich Ende 2010, Anfang 2011 fertig sein wird. Vorstellbar ist eine Inselfläche von rund 10.000 Quadratkilometern - also in etwa die Größe Kärntens. Ein Teil der Insel wird in Europa oder in den USA vorgefertigt.

Weitgehende Autarkie angestrebt

"So wird der einstige Abfall zu Baumaterial umgewandelt. Da dies direkt vor Ort geschieht, kann man sich lange Transportwege sparen", meint Knoester. Auf Recycled Island sollen Menschen leben können, denn die Insel wird auch mit einem urbanen Siedlungsgebiet konzipiert.

Da Recycled Island als schwimmende Insel errichtet wird, ändert sich ihre Position mit den Meeresströmungen. "Um dieses schwimmende Gebilde auch solide genug gegen Wellen und Wetter zu machen, muss es eine bestimmte Größe haben", erklärt Knoester. "Die Insel wird als komplett nachhaltiges und von der Außenwelt nahezu unabhängiges System konzipiert. Energie und Nahrungsmittel werden auf Recycled Island selbst produziert."

Viele Fragen offen

"Es gibt natürlich immer noch viele ungeklärte Fragen", räumt Knoester ein. Dazu zähle unter anderem auch jene, wer das Projekt finanzieren soll. "Das ist bis jetzt nicht geklärt", so der Architekt. Unklar ist bisher auch, zu welchem Staat die Insel zugerechnet würde und unter wessen Jurisdiktion sie dann stünde.

"Recycled Island wird das Meer von Plastik befreien", glaubt Koester - das sehen Umweltschützer allerdings anders. Allgemein wird die Befürchtung geteilt, dass es nahezu unmöglich sei, die Ozeane vom Plastikmüll zu befreien. Viele Plastikteile zerfallen aufgrund der Sonneneinstrahlung und anderer Witterungseinflüsse sehr schnell zu noch kleineren Teilchen. "Die zerfallenen Teilchen stellen tatsächlich ein großes Problem dar", weiß auch Knoester. Um kleinere Plastikbestandteile aus dem Meer zu fischen, müsse man extrem behutsam vorgehen, um nicht noch größere Schäden zu verursachen, meint der Architekt. (pte/red)