Villeurbanne - Der aus Südosteuropa stammende Grottenolm (Proteus anguinus) ist weder groß noch hat er eine auffallend niedrige Stoffwechselrate - beides Faktoren, die mit einer hohen Lebenserwartung Hand in Hand gehen - und dennoch wird er vermutlich über 100 Jahre alt. Auch ist der Organismus des maximal 25 bis 30 Zentimeter langen und 20 Gramm schweren Amphibiums nicht sonderlich aktiv bei der Abwehr schädlicher Sauerstoffradikale, berichten französische Forscher in den "Biology Letters" der britischen Royal Society - wie er zu seiner hohen Lebenserwartung kommt, bleibt daher ein Rätsel.

Ausgangspunkt für die Untersuchungen der Forscher um Yann Voituron von der Université Claude Bernard Lyon 1 in Villeurbanne ist ein Experiment, das bereits 1952 in einer Grotte im französischen Moulis gestartet wurde. Dort siedelten Wissenschafter Grottenolme für ein Zuchtprogramm an - heute das weltweit einzige erfolgreiche seiner Art. Mehr als 400 Tiere leben mittlerweile in der Grotte, alle Geburten und Todesfälle wurden registriert. Die ältesten Olme sind den Forschern zufolge inzwischen mindestens 48 Jahre alt, ohne Anzeichen von Alterung.

Zahlen und Prognosen

Die Forschungen ergaben, dass die weiblichen Tiere mit gut 15 Jahren geschlechtsreif werden und dann etwa alle 12,5 Jahre 35 Eier legen. Bis zu einem Alter von sechs Jahren sind die Überlebenschancen der Olme eher schlecht, dann aber haben sie eine Lebenserwartung von 68,5 Jahren. Etwa ein Viertel der Olme wird ein Alter von 85 Jahren überschreiten, prognostizieren die Forscher. Vorsichtigen Schätzungen zufolge könnten die Tiere maximal 102 Jahre alt werden.

Das stellt die Forscher vor ein Rätsel: So steigt normalerweise bei Amphibien die Lebenserwartung mit der Körpermasse. Für ihr Gewicht von maximal 20 Gramm werden die Grottenolme also viel zu alt. Auch weist der Stoffwechsel des Tieres keine Besonderheiten auf. Einer weiteren Theorie zufolge können langlebige Spezies besonders gut Sauerstoffradikale bekämpfen. Diese werden bei normalen Stoffwechselvorgängen gebildet und schädigen Erbgut, Proteine und Fette. Doch auch in dieser Beziehung erweist sich der Grottenolm nicht als Sonderfall, schreiben die Forscher weiter. Fazit: Der Grottenolm sei ein vielversprechendes Modell, um Mechanismen zu beschreiben, die Alterungsprozesse bei Wirbeltieren aufhalten. (APA/red)