In Österreich ist mit dem Beschluss des Kunstrückgabegesetzes Ende 1998 eine neue Zeit angebrochen - getragen von der Überzeugung der Nachgeborenen, dass nur ein schonungslos ehrlicher Umgang mit der NS-Raubkunst eine passable Form der Wiedergutmachung darstellt.

Doch Rudolf Leopold, der manische Sammler, blieb stur. Er, in der NS-Zeit ein Jugendlicher, habe nichts gestohlen, betonte er immer wieder. Er habe all seine Werke, auch das beschlagnahmte "Bildnis Wally" von Egon Schiele, im guten Glauben erworben. Dass die Vorbesitzer Juden waren: Woher hätte er das denn wissen sollen? Wenn er gewollt hätte: Er hätte es wissen können. Aber er wollte nicht.

Es brauchte lange, bis er akzeptierte, dass Blut an den Händen kleben kann, auch wenn man das Messer nie in der Hand hatte. Dennoch vertrat er, unterstützt vom Vorstand der Stiftung, weiterhin die Auffassung, dass eine Privatperson zur Rückgabe nicht verpflichtet werden kann.

Dieser Rückzug auf das formale Recht, dieses unentwegte Mauern, dieses Negieren der neuen Zeit verschlimmerte die Situation nur. Wenn Rudolf Leopold und die Stiftung gleich im Jänner 1998, als das "Bildnis Wally" beschlagnahmt wurde, richtig reagiert und nicht zwölf Jahre bedingungslos vor Gericht gekämpft hätten: Sie hätten sich nicht nur Geld, sondern auch viele negative Schlagzeilen erspart. Und Rudolf Leopold wäre als der gestorben, als der er sich gerne sah: als großzügiger Stifter und weiser Humanist. (Thomas Trenkler / DER STANDARD, Printausgabe, 22.7.2010)