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Wikileaks-Gründer Julian Assange bei einer Pressekonferenz in London am Montag, er sieht in den US-Militärdokumenten zum Einsatz in Afghanistan Hinweise auf Kriegsverbrechen.

Foto: REUTERS/Andrew Winning

Gemeinsam mit der "New York Times" und dem "Guardian" schaffte "Der Spiegel" am Montag einen "echten Enthüllungs-Scoop", so meedia.de. Die Redaktionen der drei Medien werteten gemeinsam Wikileaks-Dokumente zum Afghanistan-Krieg aus und veröffentlichten am Montag ihre Recherecheergebnisse. "Spiegel Online" stellte dafür die E-Paper-Ausgabe 25 Stunden später als sonst online, "aus redaktionellen Gründen ist die E-Paper-Ausgabe des neuen Spiegel 30/2010 erst am Sonntag, 23 Uhr, verfügbar", hieß es dort Sonntag Abend. 

"Wir stehen schon länger in Verbindung zu Wikileaks. In diesem Fall haben sich die Wikileaks-Verantwortlichen für den Spiegel, die New York Times und den Guardian entschieden. Das hätten sie wahrscheinlich nicht getan, wenn wir nicht schon länger in Kontakt stehen würden", meint "Spiegel"-Chefredakteur Georg Mascolo im Interview mit meedia.de. Für die Dokumente bezahlt habe "Der Spiegel" nicht. Der redaktionelle Aufwand war beträchtlich, vier Wochen lang habe eine Gruppe die Dokumente gesichtet und geprüft. "Die Frage für uns war, ob wir dem Material vertrauen und wir hatten alle Freiheit, mit dem Material so umzugehen, wie wir es für richtig hielten. Das war für mich die Voraussetzung bei diesem Projekt", antwortet Mascolo auf die Frage, ob er Wikileaks vertraue.

Kritik an Spiegel Online

Kritik gab es an der Form der Online-Veröffentlichung der Dokumente, Blogger Mario Sixtus twitterte zum Beispiel: "Spiegel nutzt SpOn als Teaser fürs Papier, Guardian stellt ein Dossier nebst Original-Dokumenten & Spreadsheet online" und empfahl dem "Spiegel Online": "Kuck mal, SpOn, so geht Online-Journalismus" mit Link auf ein Video-Tutorial auf der Website des "Guardian".

"Spiegel Online"-Chefredakteur Rüdiger Ditz kann die Kritik an der Online-Aufbereitung nachvollziehen. "Wir haben nicht so gut ausgesehen" sagt er gegenüber meedia.de am Dienstag. Die Onlineredaktion sei erst Mitte vergangener Woche in die Arbeit eingestiegen. Die Story sei eine Print-Geschichte und da gelte der Grundsatz: "Der Titel wird nicht online gebracht - zumindest nicht in der ersten Woche".

Keine Crossmedialität

Hier zeigt sich das Dilemma, wenn Print- und Onlineredaktionen nicht optimal zusammenarbeiten und Crossmedialität nicht funktioniert. Schade, dass die Chance vertan wurde, für "Spiegel Online" und auch für die Printausgabe. Denn auch der gedruckte "Spiegel" hätte von einer zeitgemäßen und interaktiven Online-Aufbereitung profitiert. Jedenfalls wolle man sich künftig überlegen, anders an solche Geschichten heranzugehen.