Karlsruhe - Wegen des Verdachts auf Völkermord ist ein 53-jähriger Ruandese im Raum Frankfurt am Main verhaftet worden. Wie die Bundesanwaltschaft am Montag in Karlsruhe mitteilte, soll der Beschuldigte Onesphore R. zwischen 1990 und 1994 als damaliger Bürgermeister einer Gemeinde im Norden des afrikanischen Landes an der Ermordung von Mitgliedern der Tutsi-Minderheit beteiligt gewesen sein. Drei der Massaker habe er im April 1994 angeordnet und koordiniert. Dabei seien mindestens 3.730 Menschen getötet worden, die in Kirchen Schutz gesucht hatten.

Der Beschuldigte saß bereits von Dezember 2008 bis Mai 2009 in Untersuchungshaft. Der Bundesgerichtshof hob den Haftbefehl dann aber auf, weil nach seiner Ansicht die Aussagen mittelbarer Zeugen nicht für einen dringenden Tatverdacht ausreichten. Nach "intensiven weiteren Ermittlungen" habe der Ermittlungsrichter am BGH nun erneut Haftbefehl erlassen, teilte die Bundesanwaltschaft mit.

Die Behörde ermittelt seit Ende März 2008 gegen den Beschuldigten. Er wird vom Generalstaatsanwalt von Ruanda mit internationalem Haftbefehl gesucht. R. war deshalb im April 2008 in Auslieferungshaft genommen worden. Er kam dann jedoch im November 2008 wieder auf freien Fuß, weil Justizbehörden in Frankfurt Auslieferungen nach Ruanda in Anlehnung an gleichlautende Entscheidungen des Internationalen Ruanda-Tribunals mit Sitz in Arusha in Tansania für unzulässig erklärt hatten. Nun droht dem mutmaßlichen Mörder der Prozess in Deutschland.

Nach früheren Medienberichten steht R. als Nummer 435 auf der amtlichen ruandischen Liste gesuchter Verantwortlicher des Genozids von 1994. Damals hatten Mitglieder der Hutu-Mehrheit von April bis Mitte Juli etwa 800.000 Menschen ermordet. Rund 75 Prozent der in Ruanda lebenden Tutsi-Minderheit sowie politisch moderate Hutu wurden getötet. (APA)