Die Afrikanische Entwicklungsbank soll ihre Fonds verdoppeln, und Afrika setzt noch mehr auf China.

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Wer die Fernseher und die Satellitenschüssel nicht vor dem Ramadan abgebe, werde ab jetzt als ein Spion verdächtigt, kündigten die somalischen Islamisten an. Die Shabaab-Miliz, die bereits Schulglocken, Handyklingeltöne, Fußballspielen, Filme und Radiomusik verboten hat, fuhr in den vergangenen Tagen durch Süd- und Zentralsomalia und sammelte TV-Geräte ein.

Der Zeitpunkt für die Aktion war wohlgewählt: Die Shabaab-Miliz, die sich zu dem Bombenanschlag in Kampala bekennt, bei dem am 11. Juli 76 Menschen starben, beobachtete sehr genau, welche Signale in den vergangenen Tagen vom Gipfeltreffen der Afrikanischen Union (AU) ausgingen.

Die Islamisten diktierten auch das zentrale Thema des Gipfels: Wie befriedet man Somalia? Die AU beschloss denn auch die Aufstockung der AU-Mission in Somalia (Amisom). 2000 zusätzliche Soldaten sollen die bisher 6000 Mann in der somalischen Hauptstadt Mogadischu unterstützen.

Doch der AU fehlt nach wie vor eine militärische Strategie. In Puntland und in Mogadischu starben allein am Montag dutzende Aufständische, Soldaten der Regierungstruppen und Zivilisten. Die AU ist als militärische Organisation noch schwach. Als politische Bühne sind die Gipfel aber mittlerweile etabliert. So reiste etwa der deutsche Außenminister Guido Westerwelle an und forderte einen permanenten Sitz der AU im Weltsicherheitsrat. Dass der sudanesische Staatschef, der vor dem Internationalen Strafgericht wegen Genozids angeklagt ist, Kampala mied, zeigt zudem, dass das AU-Gastgeberland durchaus eine kritische Haltung einnahm.

Entwicklungsbank stockt auf

In Kampala diskutierten die Staats- und Regierungschefs aber auch ökonomische Fragen. Afrika leidet, gerade weil es so stark von der Hilfe von außen abhängt, stärker unter der Weltwirtschaftskrise. 2009 sank die Wachstumsrate von sechs auf ein Prozent. Deshalb wurden alternative Finanzierungsmöglichkeiten gesucht. Die Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB) will ihre Fonds für Infrastruktur nun fast verdoppeln. In fünf Jahren soll sie zehn Milliarden Dollar pro Jahr ausgeben, bisher waren es höchstens sechs Mrd. "Die erste Welt steht unter Schock und beschäftigt sich mit internen Problemen" , analysierte der Direktor für Wirtschaftsangelegenheiten der AU, René Kouassi. "Wir müssen unsere Projekte mit Rücklagen finanzieren."

Der ugandische Präsident Yoweri Museweni betonte, dass die Entwicklungshilfe nicht aus der Armut herausführe. "Überall auf der Welt sind Handel und Investitionen die Lösung für Armut und Unterentwicklung" , sagte er und folgerte: "Ganz Afrika muss aufwachen." Die schlechte Infrastruktur würde Unternehmern zu teuer kommen. In China koste es zwölf Dollar eine Tonne mit Gütern von Peking nach Schanghai zu schaffen, in Ostafrika komme derselbe Transport auf 65 Dollar. China wurde in Kampala nicht nur als Referenzgröße genannt, die Beziehungen wurden einmal mehr gestärkt. AU-Wirtschaftskommissar Maxwell Mkwezalamba meinte etwa, der Westen habe für die Entwicklung Afrikas zu wenig gebracht. Die restriktiven Bedingungen der USA und Europas treibe Afrika geradezu in die Hände Chinas, das eben keine Bedingungen.

Glückwünsche aus China

Der chinesische Premier Wen Jiabao hatte sogar eine Glückwunschbotschaft nach Kampala gesandt. China werde "wie immer die Anstrengungen der afrikanischen Freunde unterstützen".

Der Gipfel wurde aber auch von der Zivilgesellschaft für eine Debatte über die Effizienz der Politik genützt. Der Bericht "State of the Union 2010" von afrikanischen NGOs und Thinktanks kritisiert die "alarmierende Kluft zwischen den Standards und Instrumenten der AU und der Politik und Umsetzung der Mitgliedsstaaten". So habe man bereits vor neun Jahren beschlossen, künftig 15 Prozent der Haushaltsmittel in das Gesundheitswesen fließen zu lassen. Bis heute hätten dies nur sechs der 53 AU-Staaten getan.

"Das Kennzeichen afrikanischer Politik sind gebrochene Versprechen", sagte Irungu Houghton von der Hilfsorganisation Oxfam. Es gibt aber auch Erfolge: Die Kindersterblichkeit in Afrika ging etwas zurück. Der Kontinent mit einer Milliarde Einwohner - 70 Prozent davon sind unter 31 Jahre alt - hat auch Fortschritte bei der Demokratisierung gemacht. 2009 wurde Afrika demokratischer regiert als in den 30 Jahren davor. In über 30 Prozent der AU-Staaten finden regelmäßig Wahlen statt. (Adelheid Wölfl/DER STANDARD, Printausgabe, 28.7.2010)