Aha. Ein Plakat, auf dem drei halbnackte Frauen für Bier werben, hat also "verheerende Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft". So steht es in einem Musterbrief, den man sich auf der Homepage der Stadt Wien herunterladen kann, um ihn an die Brauerei zu schicken.

Mit Verlaub: Waren die Verfasserinnen schon einmal in einer Trafik und haben sich angesehen, mit welchen Titelseiten die diversen TV-Zeitschriften ihren Verkauf ankurbeln? Dort wimmelt es vor Fast-Nackten.

"Sex sells" ist Realität. Wie geschmackvoll die bierige Busenwerbung ist, ist eine andere Frage. Dass die Brauerei in einer hirnrissigen Presseaussendung erklärt, man habe die Frauen gewählt, um die "Ursprünglichkeit und Reinheit" des Produktes zu symbolisieren, zeugt von schlechtem Gewissen.

Nur: Warum bricht die Sexismus-Debatte eigentlich immer nur über unverhüllter Haut los? Wenn die Frauenstadträtin wirklich gegen diskriminierende Werbung vorgehen will, sollte sie ganz woanders anfangen. Seit Jahren werden in der Calgon-Werbung Frauen als hysterische Technikignorantinnen dargestellt, denen ein Mann erklären muss, wie man die Waschmaschine schützt. Süßigkeiten verteilen nur glückliche Mütter - karenzierte Väter gibt es offenbar nicht. Praktisch nur Frauen werken in der Küche. Dieses Frauenbild fällt offenbar niemandem auf - aber es lässt sich politisch auch nicht so plakativ anprangern. (Michael Möseneder/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.7.2010)